Es ist so ähnlich wie damals in Thüringen bei Tino Brandt, es ist vielleicht weit normaler, als es aussieht: Man muss seine V-Leute auch vor der Polizei schützen! Egal ob man Staatsschutz ist oder Verfassungsschutz… und das scheint auch gängige Praxis zu sein. Manchmal fliegt es allerdings auf…
Die Posse geht weiter:
Ein V-Mann des LKA Bayern sagt gegen seinen Bandidos-Boss aus, und Beide sind im Zeugenschutzprogramm.
Liest sich wie Slapstick, ist aber keiner: Anfang Januar 2016
Kripobeamte hörten mit
Mario F. sagte seiner Tochter, zehn Minuten zuvor habe ihn sein Betreuer vom LKA gewarnt – eine Straftat, wenn das wahr ist. Der LKA-Beamte und seine Vorgesetzten bestreiten, Mario F. gewarnt zu haben. Aber dass Zusammenarbeit oft gut klappt, manchmal aber auch geprägt ist von Konkurrenzdenken, weiß jeder Kripobeamte. Und inzwischen hat sich manches bestätigt, was Mario F. erzählte.
Glaubt man einem dreiseitigen Fax der LKA-Dienststelle von 2011, so war „ein längerfristiger Einsatz seiner Person geplant“. Ein erfahrener Ermittler bezweifelt gegenüber unserer Redaktion, dass sich Ermittler einer Sondereinheit so einen Einsatz für eine Standard-Ermittlung gegen eine eher unbedeutende Dealerin in der Provinz kaputt machen lassen.
Auch die erzürnten Würzburger Drogenfahnder glaubten Mario W., dass er vom LKA gewarnt wurde. Das sagte Pit W. später vor Gericht im Zeugenstand. So kam es zu einer Retourkutsche mit ungewollten Folgen: Die Würzburger beschlossen die Festnahme des V-Mannes, hielten das (völlig unüblich) aber vor dem LKA geheim – ohne zu ahnen, was sie damit auslösen würden: Interne Ermittlungen im LKA, ein Staatssekretär in Nöten und ein verärgertes Parlament, das über einen Untersuchungsausschuss nachdenkt.
Ungehemmt äußerten die Würzburger Polizisten im November 2011 den Verdacht, das LKA treibe ein doppeltes Spiel. Im Dezember sagte es der kurz vor der Pension stehende Pit W. LKA-Beamten ins Gesicht: Er habe vom Haftbefehl nichts gesagt, weil er fürchtete, sie würden ihren V-Mann wieder warnen.
Rocker-Präsident K., für den das Rauschgift angeblich gedacht war, bestritt das in seinem eigenen Prozess. Er und der pensionierte Drogenfahnder Pit W. werden nun mit Spannung in Würzburg im Zeugenstand erwartet.
Die sitzen BEIDE im Zeugenschutzprogramm.
Gestern am LG Würzburg:
Damals, im Jahr 2011, da war Ralf K. der Boss der kriminellen Rockerbande. Mario F. kam eines Tages als Anwärter dazu, wurde erst Lieferant von Frauen, brachte Prostituierte aus Tschechien in ein „Bandido“-Puff nach Oberhausen. Später besorgte er Drogen für die Rocker. Für Ralf K. war Mario F. sehr wertvoll: Weil Mario F. nicht mit den anderen „Bandidos“ saufen und Drogen konsumieren wollte, diente er sich dem „Präsi“ als Fahrer an.
Kronzeuge für die „Blutnacht von Straubing“
Der „Präsi“ und sein Fahrer fanden – nach allem, was man bislang weiß – auf unterschiedlichen Wegen unter die Fittichen der Zeugenschutzstelle bei der Kriminalpolizei für Zentralaufgaben (KPIZ) in Regensburg. Ralf K. machte nach der Zerschlagung der am Regensburger Keilberg residierenden Rockergang den Kronzeugen. Erst kürzlich sagte er wegen der sogenannten „Blutnacht von Straubing“ – einen Überfall von „Bandidos“ auf Mitglieder der Rockergruppe „Gremium“ kurz vor Weihnachten 2010 – gegen ehemalige Kumpane aus.
Rauschgift in der Unterhose
Mario F. schied im November 2011 bei den „Bandidos“ aus. Das LKA hatte seinen V-Mann abgeschaltet, nachdem er 23. November in Waldsassen mit zehn Gramm Crystal in der Unterhose erwischt worden war. Wegen dieses und anderer Rauschgiftgeschäfte im Raum Würzburg wurde Mario F. vor Gericht gestellt. Über sieben Jahre Haft verhängte das Landgericht Würzburg im August 2013.
Kein Beweis, weil die Akten gesperrt waren
Damals begann die V-Mann-Affäre im LKA. Mario F. hatte behauptet, er habe im Auftrag des LKA die „Bandidos“ als Dealer infiltriert, das Amt habe über seine Straftaten Bescheid gewusst, ihn gar dazu ermuntert und beauftragt. Beweisen ließ sich das nicht: Die Akten zu seiner V-Mann-Tätigkeit wurden gesperrt. Übergeordnetes staatliches Interesse zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, argumentierte das Innenministerium.
Ermittlungen im Landeskriminalamt
Doch Mario F. bekam unerwartete Hilfe: In Person eines Ermittlers der Korruptionsdienststelle der Nürnberger Kripo. Der Hauptkommissar ermittelte wegen der dubiosen Umstände eines Baggerdiebstahls durch Regensburger „Bandido“-Mitglieder in Dänemark und fand heraus: Die Straftat – Mario F. fuhr damals den Laster mit drei gestohlenen Baggern nach Deutschland – war LKA-Leuten mutmaßlich vorab bekannt und sie vertuschten es. Zurzeit wird gegen sechs, zum Teil ranghohe LKA-Beamte, wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ermittelt.
Plötzlich und unerwartet im Zeugenschutz
Erst, nachdem die Affäre Schlagzeilen machte und der Verdacht im Raum stand, dass das LKA Meldungen von Mario F. über schwere Straftaten bei den „Bandidos“ ignoriert haben könnte, kam der Ex-V-Mann im Dezember 2015 plötzlich und unerwartet in den Zeugenschutz: Für Aussagen über ein versuchtes Tötungsdelikt, die er ursprünglich schon während seiner V-Mann-Tätigkeit gemacht hatte.
Verteidigung will Tribunal übers LKA
Die LKA-Affäre hat Mario F.’s Lage verbessert: Die Ermittlungen gegen das LKA legen nahe, dass Mario F. die Wahrheit gesagt haben und das LKA den ersten Prozess gegen den Ex-V-Mann unzulässig beeinflusst haben könnte. Seine Verteidiger wollen, dass der neu aufgerollte Fall wegen des Zehn-Gramm-Schmuggels bei Waldsassen wegen rechtsstaatswidriger Tatprovokation eingestellt wird und den Fall zum Tribunal gegen das LKA machen.
Das ist der Pferdefuß: LKA-Beamte hätten Zeugnisverweigerungsrecht
Für ein solches Tribunal, das wurde am gestrigen vierten Prozesstag deutlich, ist der Würzburger Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen nicht zu haben. Er hält die Beweisanträge der Verteidigung, die gerne aus den Ermittlungsakten der Nürnberger Kripo gegen das LKA zitieren lassen wollen, für unzulässig. Die LKA-Beamten seien selbst als Zeugen zu hören. Dies hat einen Pferdefuß: Da die LKA-Leute in einem Ermittlungsverfahren als Beschuldigte geführt werden, haben sie ein Zeugnisverweigerungsrecht. Auch den Hauptermittler der Nürnberger Kripo braucht Oberstaatsanwalt Raufeisen nicht als Zeugen. Tribunal oder nicht – entscheiden wird das das Gericht.
Die Strafkammer unter Vorsitz von Konrad Döpfner lehnte es gestern zunächst ab, den Kronzeugen Ralf K. und seine Ehefrau mittels Videovernehmung zu befragen. Es geht um Indizien: Die zehn Gramm aus Mario F.’s Unterhose will der V-Mann im Auftrag des „Bandido“-Präsi und seiner Frau beschafft haben – für eine Übertrittsparty mit „Hells-Angels“-Rockern. Diese Party wollte das LKA angeblich unbedingt observieren.
Quelle: weggesperrt
In der Tat müssen Beschuldigte nicht aussagen, und die Akten kann man sperren.
Siehe:
Eine recht vollständige Unterstützer-Website zum Fall Mario Forster gibt es hier: http://www.weggesperrt.com/
Wenn das Ganze auch noch in Verbindung mit Zschäpes Besuchen beim Erfurter Bandidos-Prozess stünde, Ende 2010/ Anfang 2011, uns würde da der Aliasname sehr interessieren, den sie verwendete bei der Ausweiskontrolle, oder mit der DNA in Zwickau, die man angeblich 2012 bei einer Biker-Schiesserei fand, wäre das natürlich hochgradig interessant.