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Vorratsdatenspeicherung: Waffe im Krieg gegen Kritiker

erschienen am DIENSTAG, 26. MAI 2015  bei http://www.politplatschquatsch.com/

Merkt ja keiner, steht ja nirgends. Obwohl der Entwurf zur Neuregelung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung bereits seit einigen Tagen öffentlich geworden ist, schweigt sich die versammelte deutsche Presse aus über die Konsequenzen der geplanten Regelung. Dabei beinhaltet die einen Generalkriminalisierungsparagraphen zum Schutz von Regierungsgeheimnissen, der es deutschen Behörden künftig erlauben würde, Whistleblower und Leakplattformen zu verfolgen.

„Fatalist-Paragraphen“, nennt Die Anmerkung die „Bestrebungen zur Kriminalisierung aller Deutschen“ und verweist damit auf die bisher vergeblichen  Kriminalisierungsversuche gegen das Blog NSU-Leaks, das seit Monaten akribisch versucht, anhand der Originalakten NSU-Ermittler aufzuklären, wo hier wer was vertuscht hat.

Mit dem neuen Gesetz ein Ding der Unmöglichkeit, denn das Papier erklärt, so Die Anmerkung, „alle Deutschen per Definition zu Kriminellen erklärt“. Das geht ganz einfach, wie der geplante Fatalist-Paragraph 202a Absatz 2 zeigt. „Wer Daten, die nicht allgemein zugänglich sind und die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt es da in dem Absatz, der einen neuen Straftatbestand der „Datenhehlerei“ ins Strafgesetzbuch einführt.

Kein Schlupfloch, kein Ausweg, jedes Ministeriumspapier, jeder Gesetzentwurf, jedes Schreiben eines remonstrierenden Beamten wird zum Staatsgeheimnis, das zu enthüllen die Freiheit kosten würde. Dazu muss der Täter nicht einmal selbst Daten stehlen. Es reicht völlig, wenn er sie von anderen erhalten hat. Ein Paragraph der damit die Axt an die Wurzeln der Pressefreiheit legt, wie westliche Staaten sie bisher kannten. Und der von „Spiegel“ über „Zeit“, „Welt“, „SZ“ bis „taz“ dennoch unerwähnt bleibt.

Was ist da los? Mangelt es in den Redaktionsstuben an der Fähigkeit zum verstehenden Lesen? Ist es den Hauptbetroffenen der neuen Regelung nicht möglich, die absehbaren Konsequenzen einer rechtlichen Regelung abzusehen, die es im Grunde grundsätzlich verbietet, nicht allgemein zugängliche Informationen allgemein zugänglich zu machen? Ein Verbot, das einzig durch schwammige Formulierungen wie „bereichern“ und „schädigen“ eingeschränkt wird?

Vielleicht landet schon der nächste Enthüller von Gesetzesbrüchen der Geheimdienste  hinter Gittern, weggesperrt wegen Wahrheits-Leaks.

Unklar ist noch, welche Konsequenzen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seinen Mittätern im Falle des Ankaufs einer weiteren Steuersünder-CD drohen.

Analyse bei Danish im Blog

KOMMENTARE:

Kurt hat gesagt…
Und was war jetzt nochmal an Putins Russland so schlimm?

fatalist hat gesagt…
Ich bin kein Jurist und daher nicht sicher, ob diese „Datenhehlerei“ sich auch auf Polizeiakten bezieht wie bei NSU LEAKS, oder ob damit die Weitergabe von Daten nur aus der VDS gemeint ist.

ppq. so hat gesagt…
ich denke, das ist klar bezeichnet: gemeint sind alle „Daten, die nicht allgemein zugänglich sind“, wenn sie „ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt“ hat, allerdings greift die strafbarkeit offenbar nur, wenn der veröffentlicher „sich oder einen Dritten bereichern oder einen anderen schädigen“ will.

trotz allem, was die anmerkung glaubt, denke ich, ihr seid damit raus

fatalist hat gesagt…
gegen mich ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen §353 d StGB, Höchststrafe 1 Jahr Haft. Dass es ein Ermittlungsverfahren geben würde, nun das war mir vorher klar. Das Risiko bin ich bewusst eingegangen. Für einen Haftbefehl, gar einen Internationalen, reicht das nicht. Auch das war mir bekannt.

http://www.politplatschquatsch.com/2015/05/vorratsdatenspeicherung-waffe-im-krieg.html

Es wird immer enger in der Postdemokratie?