ALLES KLAR MIT DEN „AMOKLÄUFEN“ VON ERFURT UND WINNENDEN? TEIL 4

Eine Serie von Nereus

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Erfurt-Amoklauf-2002, Teil 4


Ein besonders beschämender Aspekt ist der Umstand, daß man möglicherweise schwerstverletzten Personen keine rechtzeitige Hilfe zu teil werden ließ.
Das ist natürlich ein schwerer Vorwurf, der angesichts der außergewöhnlichen Vorkommnisse zu begründen ist.
Rechtsanwalt Eric Langer hatte sich mit dem Thema intensiv beschäftigt und war in einer Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss am 16.11.2004 an die Staatsanwaltschaft
Gera vorgegangen. Hierbei liefert die Beweisführung einmal mehr interessante Aspekte zum „Aufklärungswillen“ von Ermittlern und der Justiz.

Vorab muß darauf hingewiesen werden, daß sie sogenannte Gutenberg-Kommission überhaupt keine echte Vollmacht hatte, was sie auch selbst betonte. Ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass die Kommission nicht über staatsanwaltschaftliche oder kriminalpolizeiliche Ermittlungsbefugnisse verfügte und deshalb auf die freiwillige Kooperation der zur Aufklärung befragten Stellen und Behörden angewiesen war.
Wie kann es sein, daß ein unfertiger Vorabbericht, der viel Kritik hervorrief, nach 2 Jahren von Leuten beendet wird, die keine ausreichende Kompetenz besitzen und auch nicht ernsthaft nachfassen konnten? Immerhin ging es um ein bis dahin beispielloses
Verbrechen an Zivilisten.

Einschub: Den Bericht als PDF gibt es hier:  http://apps.thueringen.de/de/publikationen/pic/pubdownload1488.pdf

Die Mitglieder:

Kein Wunder, das da alles glatt gebügelt wurde. Gewaltenverschränkte statt Unabhängige… eine Krähe hackt der anderen… nur allzu gut bekannt aus dem NSU-Komplex.

Einschub Ende.

Doch zurück zur Beschwerde von RA Langer. So spricht der Obduktionsbericht zur Schülerin Susann Hartung von einem Schuß, der Kommissionsbericht erwähnt dagegen 2 Patronenschüsse.
Nun könnte das noch einem Übermittlungs- oder Schreibfehler zugeordnet werden, der kaum Bedeutung haben mag, aber das Folgende verursacht mehr als nur Stirnrunzeln, weil es um das Überleben der Schüler Ronny Möckel und Susann Hartung geht.

Bereits um 11:13 Uhr alarmierte Frau K erstmals den Notruf, dann wieder 11:49 Uhr, 11:55 Uhr, 12:57 Uhr (D2 Bestätigung Vodafon über die Anrufzeiten liegt vor), über den sie die Verletzungen der beiden Schüler und deren Aufenthaltsort mitteilte (K).
..
Zeitgleich muss die Notfallzentrale des Rettungsdienstes einen Anruf erhalten haben, da Herr P von ihr aus den Auftrag erhielt, den beiden Verletzten in Raum 208 zu helfen (P).
Er ist dann nicht in das Objekt, da er keine Schussweste hatte und hierauf bestand. Als er die Weste schließlich hatte und gehen wollte, wurde er, da das Objekt nicht sicher war, nicht ins Haus gelassen. Eine Meldung der Nichtabwicklung seines Notrufes an die
Notfallzentrale ist nicht erkennbar. So ist niemand zu den Kindern, die nach Aussagen (H, H, H, P) noch bis mindestens 13:00 Uhr gelebt haben.
..
Obwohl die Etagen über die Zwischenpodeste abgesichert waren, hat man dennoch Raum 208 nicht vorgezogen und die beiden Schüler geborgen. Dies, obwohl einzelne Polizeibeamte sich bereits vor Eintreffen des SEK im dritten Obergeschoss befanden.
Die Schüler haben also fast 2 Stunden überlebt und es kam ihnen aus Gründen des angeblichen Eigenschutzes niemand zu Hilfe. Wie schafften es aber dann Polizeibeamte schon vor dem Eintreffen des SEK (ca. 11.35 Uhr) in die dritte Etage?

Aus den Aufnahmen des MDR zum Eingang Fröbelstrasse ergibt sich eindeutig, dass es sich um ein ständiges Kommen und Gehen gerade an dieser Tür handelte. Eine Gefahr bzw. ein Gefühl von Gefahr entsteht bei der Sichtung dieser Bilder nicht, vielmehr das eines Tatorttourismus, zumindest bevor das SEK eintrifft. Von fehlender Sicherheit in den beiden Etagen kann nicht die Rede sein.

Einerseits wird die Eigensicherung betont andererseits gab es ein Kommen und Gehen. Von diesem „Mißgeschick“ waren auch andere Schwerverletzte betroffen, wie Anwalt Langer ausführt.
Über die Verletzungen von Herrn Wolff wurde die Polizei unmittelbar nach Abgabe der Schüsse auf ihn informiert. Herr Wolff war in sich zusammengebrochen. Immer wieder riefen die Kinder die Polizei an und wiesen auf den Verletzten hin (Verschriftungsprotokolle). Entgegen den Feststellungen des Obduktionsberichtes, dass der Todeseintritt nach relativ kurzer Zeit erfolgte, hat Herr Wolff noch mindestens eine Stunde gelebt.
Zahlreiche Zeugen bestätigen die lange Überlebenszeit, die Obduktion wußte es jedoch besser oder wurde sie gar unter Druck gesetzt, wie diese Textpassage indiziert?

Die Untersuchungen, die der Obduzent im Weiteren durchführen wollte, wurden nicht mehr durchgeführt, da der Staatsanwalt dies aus nicht bekannten Gründen stoppte.

Noch absurder wird das Geschehen bei Lehrer Hans Lippe, der zwar schwer verletzt worden war aber dennoch versuchte den Tatort zu verlassen. Herr Lippe wurde um etwa 11 05 Uhr vor Raum 301 angeschossen (N). Er brach zunächst zusammen und wurde wohl ohnmächtig (S), erwachte dann aber wieder und schrie um Hilfe. .. Der Polizeibeamte B berichtet, dass sich die SEK-Beamten auf ein
Eindringen in das Gebäude vorbereiteten, als sich um 12:03 Uhr ein Fenster öffnete.
In Bruchteilen realisierten die Beamten, dass es sich nicht um den Täter handeln kann.
Dies wurde den SEK-Beamten auch sofort signalisiert. Durch die Beamten wurde die Person angesprochen, sie solle sich vorsichtig zum Ausgang begeben. Die Person am Fenster wirkte völlig abwesend und reagierte überhaupt nicht. Erst als die Person sich
vom Fenster wegdrehte, konnte eine schwere Kopfverletzung gesehen werden.


.. In der Zeit, in der wir da waren, hörte ich eine Person immer wieder um Hilfe rufen, konnte aber nicht genau lokalisieren von wo. Einer der drei Beamten über uns sprach dieser Person immer wieder Mut zu und, dass ihm gleich geholfen wäre. Mit mehreren Beamten wäre meiner Meinung nach eine Rettung dieser Person möglich gewesen, aber mit drei Beamten und dem Hinweis auf einen zweiten Täter war dies unmöglich
.“

Wegen eines mutmaßlichen zweiten Täters kann man Schwerverletzten keine rechtzeitige Hilfe leisten, aber wenn Zeugen auf weitere Täter verweisen, interessiert es niemanden?

Die Notärzte kamen trotz x-fachen Bittens nicht zum Einsatz, dagegen berichtet ein Polizist: .. dass selbst ein Paparazzi neben ihm erschien ..
Daraus schlussfolgert der Anwalt: ..was ein weiterer Hinweis darauf ist, wie sicher ein Bewegen im Haus möglich bzw. auch wie ungesichert das Gebäude war. Doch Hilfe wurde Herrn Lippe nicht zuteil.

Erst ab 12:40 Uhr wurde schließlich Notärztin Gabriele Wirsing zu Herrn Lippe gelassen, sie konnte auch erste Maßnahmen einleiten doch leider kamen diese zu spät.

Quelle 1: http://www.eric-t-langer.de/index.php4?pre_cat_open=2&id=178
Autor: nereus

Die Strafanzeige des RA Langer: http://www.eric-t-langer.de/index.php4-pre_cat_open=2&id=178.html

Das erinnert doch sehr an den Einsatz in Stregda am 4.11.2011, als weder Sanitäter noch Notarzt ins Womo gelassen wurden, um eventuell noch lebenden Uwes zu helfen.

Wie war das in Winnenden?

Warum sind bewaffnete Polizisten nicht in der Lage, Notärzten Feuerschutz zu geben? Hatten die Schiss, sind die unfähig, oder wozu brauchen die für jeden Furz ein SEK?

Wie soll man sich das vorstellen, wenn eine normale Polizeistreife eine Frau vor einem Bereicherer schützen soll, verhandeln die dann mit dem, bis ein SEK kommt? Reden die ihm gut zu, „nimm sie ruhig von vorn und von hinten, aber bring sie nicht um, bitte?“

Was für Zustände…

3 Gedanken zu „ALLES KLAR MIT DEN „AMOKLÄUFEN“ VON ERFURT UND WINNENDEN? TEIL 4“

  1. @fatalist fragt: Warum sind bewaffnete Polizisten nicht in der Lage, Notärzten Feuerschutz zu geben? Hatten die Schiss, sind die unfähig, oder wozu brauchen die für jeden Furz ein SEK?

    Sie hatten weder Schiß, noch sind oder waren sie unfähig.
    Höchstwahrscheinluch DURFTEN sie nicht aktiv werden.
    Im Artikel wird doch das „Kommen und Gehen“ und das Auftauchen der Paparazzi am Ort des Geschehens beschrieben.
    Wenn sich die Polizei bereits eine halbe Stunde später zu Etage 3 „hochgearbeitet“ hatte, wäre der Feuerschutz für weiter unten eigentlich drin gewesen, oder?

    Vermutlich hatte man realisiert was da passiert war und mußte einen Notfallplan für den Erzählstrang, welcher der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte, „erfinden“.
    Ein durchgeknallter Schüler ist der Öffentlichkeit zu vermitteln.
    Ein anderes Szenario eben nicht.

    Und eine der gruseligen Wahrheiten dieses mörderischen Geschehens könnte z.B. sein, daß ein angeschossenes Opfer den oder die Täter hätte beschreiben können.
    Das bleibt freilich Spekulation, aber unter Betrachtung aller anderen Umstände, eine, die gar nicht so abwegig ist.
    So schrieb der STERN in einem längeren Artikel (von dem ich leider kein Datum mehr habe):

    ## Im Sekretariat trifft das Rettungsteam neben Rainer Heise noch drei weitere überlebende Lehrer, darunter auch Christiane Alt, die Direktorin der Schule. Sie schreit sofort hysterisch herum: »So tun sie doch was!« Ihre Stellvertreterin Rosemarie Hajna, 54, sitzt noch an ihrem Schreibtisch, vornüber gebeugt und mit einem Stift in der Hand.
    Auf dem Boden liegt Anneliese Schwertner, 39, die Schulsekretärin. Fulge erkennt wieder diese eingefrorenen Bewegungen. Es gibt nichts mehr zu tun.
    Gabi Wirsing prüft trotzdem noch einmal Puls und Augenreflexe.
    Ungefähr EINE STUNDE verbringen sieben Menschen und zwei Leichen miteinander im Büro. Sie sollen das Sekretariat nicht verlassen, hat ein Polizist befohlen. Und vor allem ruhig sein.
    Es ist eine unerträgliche Zeit, eng und ewig. Bei jedem Geräusch an der Tür springen alle hinter die Theke in Deckung. Christiane Alt sagt immer wieder: »Der sucht mich noch! Der will doch mich!«
    Fulge kommt es vor, als wisse die Direktorin schon genau, wer der Täter ist. Sie flüstert, dass sie sich in ihr Zimmer zurückgezogen hatte, um in Ruhe arbeiten zu können. Das habe ihr das Leben gerettet. ##

    Neben der Blockierung der Rettungskräfte ist das auch eine interessante Ansage der Direktorin. Warum sollte ein Täter nach IHR suchen?
    Dazu gab es auch in den Tagen und Wochen danach Gerüchte, daß ein Anschlag zuvor telefonisch angekündigt worden war, aber das wurde, wie so vieles anderes, nie richtig aufgeklärt.
    Wenn jedoch Frau Alt von dieser Bedrohung wußte, dann wäre ihre Reaktion nachvollziehbar.

    Es ging also in Erfurt und wohl auch in Eisenach weniger um unfähige Polizisten, sondern viel mehr um den eiskalten Willen „der gewissen Kreise“ ein Szenario zu entwickeln, welches die Bevölkerung nicht zu Mistgabel und Sense greifen läßt, um die alles verschleiernde Brut aus ihren Ämtern zu jagen.

    Warum wurden wohl Akten zum NSU geleakt?
    Weil einige aufrechte Beamte (mit Gewissen) diesen widerlichen Dreck, der achtlos über Leichen geht, nicht mehr ertragen können.

    mfG
    nereus

    1. Telefonische Vorankündigung, die das Verhalten der Direktorin erklaert?
      Interessant. Vielleicht hat sie der Steinhäuser ja wirklich vorher mal angerufen, er werden das nicht auf sich beruhen lassen, einfach so.
      Eine eher diffuse Drohung reichte da ja aus.

      Ein wenig zuviel Kadavergehorsam gehoert zweifellos zu den Problemen der Polizei, war das nicht in Winnenden ähnlich, dass die Schüler um die 2 Stunden lang ihre Klassenräume nicht verlassen durften.
      Es fehlt da offensichtlich an Polizeiführern mit Rückgrat und Eiern, die einfach tun, was sie für richtig halten, in der konkreten Situation.
      Adrian Ursache Polizeivideos, die solltest Du mal anschauen. Es läuft alles total chaotisch ab… warum?

    2. Danke für diesen Beitrag, auch in Bezug auf die immer noch Direktorin Alt, die sich zur Abiturprüfung eingeschlossen hatte, weil sie vorgewarnt war. Was das SEK in Erfurt betrifft, ist es jedoch so, dass ihnen der Eigenschutz am wichtigsten war (diese Aussage habe ich von den Betreffenden bekommen). Sie wussten, dass Menschen wie Ronny , Susann oder Herr Lippe noch lebten, aber
      sie waren ihnen egal, ebenso wie alle anderen siebenhundert Schüler im Gymnasium. Mit der Begründung, vielleicht gibt es einen zweiten Täter, hat man einfach nichts getan. Der einzige Polizist, der helfen wollte, war Andreas Gorski – dafür hat er mit dem Leben bezahlt. – Uta Möckel – Mama von Ronny

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