Erwünschte-Lügen-Presse (sensible Gemüter lesen bitte: Erwünschte-Illusionen-Presse)

„Wer lobt, stellt sich gleich“, rügte bekanntlich Johann Wolfgang lobesam, weshalb ich heute mit einem Selbst- bzw. Eigenlob anheben will: Ich kannte bislang keinen Spiegel-Reporter oder gar „Star-Reporter“ namens Claas Relotius – und einen solchen Karnevalsnamen hätte ich mir doch gemerkt! –, und ich kenne folglich auch keinen Text von ihm, nicht einen Satz. Ich habe meinen sog. Medienkonsum, ganz im Gegensatz beispielsweise zu meinem Wein- und Foie-gras-Konsum, also offenkundig unter Kontrolle. (Damit wir uns nicht missverstehen: Namen wie Marie-Luise Scherer, Fritz Rumler, Erich Wiedemann, Peter Stolle, Henry Glass, Matthias Matussek oder sogar Klaus Umbach sind mir heute noch geläufig.) Nun lese ich, dass der besagte Reporter (oder Star-Reporter) dem Spiegel einen Reinfall beschert hat, der in den Annalen dieser windigen Branche irgendwo zwischen den Hitler-Tagebüchern des stern und dem Borderline-Journalismus eines Tom Kummer sein Plätzchen finden wird. Der vielfach preisgekrönte Relotius ist ein Fälscher und Betrüger, er hat Gespräche, Gesprächspartner, Gesprächsorte, ganze Geschichten erfunden. Dass es ihm gelingen konnte, „jahrelang durch die Maschen der Qualitätssicherung zu schlüpfen, die der Spiegel in Jahrzehnten geknüpft hat, tut besonders weh, und es stellt Fragen an die interne Organisation“, simuliert das Magazin die in solchen Fällen gebotene Zerknirschung.

Nun, es stellen sich wohl eher Fragen zur Situation des deutschen Restjournalismus überhaupt. Denn obwohl ich, wie gesagt, keinen Schimmer habe, über welche konkreten Themen der Bub Reportagen abgeliefert hat, bin ich mir doch sicher über deren politische Tendenz. Seine Märchen waren mit Sicherheit trendkonform und also erwünscht, vermeintlich recherchierte Stories, die wie der Podex auf den Eimer zu den recherchefreien Kommentaren der Spiegel-Kolumnisten von Diez bis Stokowski passten, sonst wären sie nicht so leicht durch „die Maschen der Qualitätssicherung“ geflutscht. Was mag noch alles durch diese Maschen geschlüpft sein?

Der Terminus „Lügenpresse“ ist zu undifferenziert; im konkreten Fall muss es heißen: Erwünschte-Lügen-Presse (sensible Gemüter lesen bitte: Erwünschte-Illusionen-Presse).

Read more: http://nsu-leaks.freeforums.net/thread/281/genpresse-und-propaganda?page=128&scrollTo=78300#ixzz5aNZG8zpw

Genau so! Klonovsky liegt richtig.

Bleiben Sie wachsam!

Wer den Schaden hat…

5 Gedanken zu „Erwünschte-Lügen-Presse (sensible Gemüter lesen bitte: Erwünschte-Illusionen-Presse)“

  1. Relotius-Skandal>Hitlertagebücher

    Damals in den wilden 80-igern war man eben noch auf der Suche nach guten Storys. Man fiel auf den (genialen) Fälscher Kujau herein und löhnte für die „Geschichte des Jahrhunderts“ einen riesen Batzen Geld. Es brachte sekundär sogar den recht unterhaltsamen Film Schtonk.

    Was haben wir hier: Billig produzierte Lügen, die nichtgelinkte Menschen wie ich höchstens als Überschrift lesen. Feuchte Moralträume als Repotage getarnt: syrische Flüchtlingskinder, die in der Türkei von Merkel träumen, mal ehrlich?
    Raus kam es ja nur, weil Relotius auch drastisch über Rednecks in den USA gelogen hatte. Die haben es nicht so gerne, wenn man sie als Jungfrau bezeichnet.

    https://medium.com/@micheleanderson/der-spiegel-journalist-messed-with-the-wrong-small-town-d92f3e0e01a7

    “Andrew Bremseth would like to marry soon, he says, but he was never together with a woman. He has also never seen the ocean.”
    Andrew Bremseth zeigte echten Reportern das Bild seiner langjährigen Freundin im Hintergrund war der Ozean.

    Nun konnte auch Merkel den Lügenpresstituierten nicht durch Rausschmiss von Wistleblowern zuhilfe kommen.

      1. Ein musical-nebenrollen-typischer name, meint klonovsky.
        unbedingt lesenswert…

        Die norwegische Studentin Maren Ueland ist in Marokko ermordet worden, gewissermaßen am Rande der Absegnung des „Global Compact for Migration“. Sie war als Rucksack-Touristin mit einer Freundin unterwegs, die ebenfalls umgebracht wurde. Bei den Mördern handelt es sich um die üblichen Verdächtigen in diesem Weltteil. Auf einem Video ist zu sehen, wie einer jungen Frau mit einem Messer der Kopf abgeschnitten wird; die Polizei vermutet, dass es die Hinrichtung Uelands zeigt. Drei der vier Tatverdächtigen sind hier abkonterfeit (ein bisschen nach unten scrollen). Auf ihrer Facebook-Seite* hatte die junge Norwegerin dieses Lehr- und Propaganda-Video geteilt, dessen vorurteilsabweisende Conclusio lautet: „Think for yourself.“ R.I.P., armes Mädchen.

        (Ich danke Leser *** für den Hinweis.)

        * Leser *** macht mich darauf aufmerksam, dass die Seite inzwischen nicht mehr zugänglich ist: „Man ist auch in Norwegen schnell.“

        PS: Ein anderer Leser sendet „ein kleines Kommentarchen zu dem von Maren Ueland gelikten Video, das einen Salafisten als rührseligen Familienvater (mit verschleierter Frau und Söhnimatz) zeigt. Wie wäre es, wenn statt des Salafisten ein glatzköpfger Springerstiefelträger gezeigt worden wäre. Jeder, der dann ‚liken‘ würde, hätte am nächsten Tag den Staatsschutz im Haus. Wetten!?“

        wenn es nicht derart shocking wäre…

        https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna/item/1023-21-dezember-2018

Schreibe einen Kommentar zu Marcel-Peter Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.