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Die WSG Hoffmann in der Dissertation von Rainer Fromm, ZDF-NSU-Filmemacher, Teil 4

Folglich kann die “Wehrsportgruppe Hoffmann” als eine der wenigen deutschen rechtsextremistischen Nachkriegsorganisationen als “neofaschistisch” bezeichnet werden, während der Begriff  “neonazistisch” zu verwerfen ist..

Okay, das hätten wir geklärt: Kein Neonazi, aber auch kein Demokrat. Kein Rassist.

So endete Teil 3. Rechtsextreme Nichtneonazisten, aber  ohne Rassismus, zumindest was den „Chef“ angeht.

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Teil 4: Terror!

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… werden, dem 13 Menschen zum Opfer fallen.

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Hier merkt man dem Buch sein Alter an, nichts desto trotz ist es „Stand der Forschung“. Eine genaue Analyse der Akten steht noch aus. Sie ist jedoch längst in Arbeit.

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Ein paramilitärischer Verband war sie zweifellos, wie Fromm feststellt:

Auch um „Heroismus“ bemüht sich Hoffmann, etwa mit Fantasieauszeichnungen, die in der WSG-Publikation präsentiert werden:
„Für die Kameraden, die auch heute noch ihren Dienst für die WSG in Uniform versehen, habe ich, in Erinnerung an die Anfangsjahre und dankbare Anerkennung, ein Ehrenärmelband mit der Aufschrift ‚Almshof gestiftet. Es wird nur von den Männern der ersten Stunde aus dem Jahre 74 und davor als Traditionsabzeichen und Ehrung am linken Ärmelaufschlag getragen. (… ) Wem bewußt ist, wieviel Einsatzbereitschaft und Charakterfestigkeit Voraussetzung für diese Ehrung war, zollt gerne den gebotenen Respekt.“ (‚Kommando‘, Mai 1979, S. 5)

Da Hoffmanns Gruppe nicht auf eigene „herorische“ Taten zurückblicken kann,
hilft die Fantasie des Herausgebers nach. Somit können der WSG als politischer  Wehrsportgruppe, folgen wir der Definition Schwagerls, durchaus organisationssoziologische Paralellen zur SA diagnostiziert werden

Die WSG Hoffmann als „neue SA“, man denkt an Odfried Hepps WSG Schlageter. Blutzeugen der Bewegung, so nannte man die wohl. Horst Wessel etc pp. Wiki hilft…

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Auch wenn es vor dem WSG-Verbot kaum Indikatoren gibt, die die Organisation
als terroristische Gruppe ausweisen, ist doch eine große Militanz signifikant.

Freispruch, nichts anderes als ein Freispruch ist das.

Auf die Frage, warum er 1973 die Gründung einer „Wehrsportgruppe“ der einer Partei vorgezogen habe, sagt der Rechtsextremist dem Nachrichtenmagazin ‚Der Spiegel‘:

„Spezielle Gründe sprachen gegen eine Parteigründung. Ich hätte sonst genau das getan, was man vom Bundesbürger will. Er soll sich im Parteileben erschöpfen, sich abarbeiten, spenden und aufopfern für irgendeine Idee, aber dann soll er letzten Endes an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern. Nein, da müßten die Voraussetzungen ganz anders sein. Da müßte der Grundsatz, daß man Minderheiten gestatten möchte, zu Mehrheiten zu werden, auch tatsächlich ernst genommen werden.“ (‚Der Spiegel‘, 24. 11.1980)

So wird deutlich, daß Hoffmann überhaupt nicht bereit ist, sich demokratischen Spielregeln der parlamentarischen Demokratie zu unterwerfen. Damit wird klar, daß die Organisation nicht auf einen politischen Meinungsstreit setzt.

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Das stimmt nicht, ist erkennbar falsch. Mit „sich zu unterwerfen“ hat das nichts zu tun. Es bestätigt nur, was bereits zitiert wurde: Die WSG ist zwar Rechts, aber nicht einheitlich, und Hoffmann ist die Parteipolitik schlicht egal. Er unterwirft sich dem Gesetz, aber die BRD-Politik kümmert ihn nicht. Er hält sie für fremdbestimmt.

Ich denke, damit kommen Fromms nicht klar. Daher wird fleissig hinein gemutmasst, wo wenig ist. Das tun alle von Fromm Zitierten gleichermassen. Fällt auf.

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Der höchste WSG-Offizier nach Hoffmann ist ein gewisser Bernd Grett, der heute eine Fahrschule in Plauen besitzt.  Grett ist ein Kumpel von Willi Voss, dem Olympia-Attentatsvorbereiter und Fatah-Mitkämpfer, Deja Vu ! Dort hin gehört auch Udo Albrecht, der BND-Mann wider Willen, wie Hoffmann meint.

Nationalsozialistische Kampfgruppe Großdeutschland (NSKG)

Die Rechtsextremisten kommen jedoch nicht über die Planung hinaus. Bevor sie den ersten Anschlag verüben können, wird die Gruppe am 11 . 10.1972 zerschlagen. Bei  Hausdurchsuchungen  beschlagnahmt die Polizei: Eine Maschinenkanone mit gegurteter Munition, drei Maschinengewehre mit ungezählter Munition, fünf Maschinenpistolen, neun Karabiner, zwei Kleinkalibergewehre, zwei Gewehre, ein Flobertgewehr, Sprengstoff, zehn Panzerfaustgranaten und zahlreiche Handgranaten. (vgl. Verfassungsschutzbericht 1972, S. 37)

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Im Ausland existieren Beziehungen zu palästinensischen Terroristen, wie unter
anderem der Ex-Terrorist Willi Pohl, alias „E.W.Pless“ in seinem auf persönlichen Erlebnissen basierenden Roman „Geblendet“ (S . 112) beschreibt. In der NSKG-Publikation ‚Der Nationalsozialist – Kampfschrift zur Befreiung Deutschlands aus der Knechtschaft‘ bekennen sich die Rechtsextremisten selbst zu Kontakten zur „Palästinensischen Befreiungsbewegung“ . (vgl. Verfassungsschutzbericht 1972, S. 38) Weitere Verbindungen bestehen zum amerikanischen „Bund Deutscher Nationalsozialisten“ , in dessen Organ ‚NS-Kurier‘ für die NSKG geworben wird.
Beleg für das terroristische Potential der NSKG ist ferner die Tatsache, daß der Polizei bei Durchsuchungen Vollmachten, Operationspläne und Anleitungen zur Geiselnahme in die Hände fallen. Nach dem Verbot der NSKG sollen zahlreiche ihrer Mitglieder den Weg in die „Wehrsportgruppe Hoffmann“ gefunden haben.

Man sollte erkennen: Überschaubarer Kreis von Leuten, die sich irgendwie kannten. Nicht Jeder kannte Jeden, aber man kennt sich zumindest indirekt, über Dritte. Das Potential war da, und die Geheimdienste spielten fleissig mit.

Honigtöpfe waren diese WSGs allemal, und es wurde fleissig rekrutiert.

Hier auch:

Nationale Deutsche Befreiungsbewegung (NDBB)
Die Gruppe wird 1970 von dem Autoverkäufer Roland Tabbert in seiner Heimatstadt Hanau gegründet und versteht sich als Vorläufer einer neuen NSDAP

Der dann später mit Kühnen ein Freiwilligenbataillon für Sadam Hussein 1990 zusammenstellen wollte… hat man da Worte?

Die haben sie doch nicht alle beisammen, diese V-Leute…

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Tabbert wird vor Gericht von dem Anwalt Wilhelm Schöttler vertreten. Dieser verteidigt auch den späteren Karl Heinz Hoffmann-Partner Udo Albrecht.
Gleichzeitig ist Schöttler Ehrenpräsident der „Gesellschaft für deutsch-arabische
Freundschaft“, der auch der WSG- und NDBB-Aktivist Johannes Kößling angehört. (vgl. Schröder 1992, S. 133)

„Partner“,  da würde Hoffmann sicher opponieren, aber zunächst war Albrecht derjenige, der Hoffmann in den Libanon lotste im Frühjahr 1980. Weisungsgemäß im Auftrag des BND… und der „falsche Vertrag“ mit Faschisten statt PLO, den fertigte eben dieser Anwalt Schöttler.

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Das war auch Voss´ Anwalt 1972, und er dürfte im Sinne der Geheimdienste agiert haben. BND und BfV, mindestens…

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Was war also die WSG Hoffmann? Ein Honigtopf, sicherlich, so wie 20 Jahre später der Ku Klux Klan mit Piatto vornedran, mit Corelli etc pp.

Was war sie seitens der Intention des Gründers?

WSG-Gründung als Resultat der Militarisierung
Hätte es die WSG seit 1974 nicht gegeben, die militantesten Gegner des parlamentarischen NPD-Kurses und eine aufrückende neue rechtsextremistische Generation (vgl. Hennig 1982, S. 23fl) hätten sie irgendwann in den siebziger Jahren erfunden. So sind es auch zahlreiche ehemalige Anhänger der „Aktion Neue Rechte“ (ANR) und der „Aktion Widerstand“ (AW), die neben den Anhängern
neonazistischer Organisationen das politische Potential der WSG-Anhänger stellen. Nach dem Niedergang der „Aktion Widerstand“ haben die militanten Antikommunisten ihre politische Plattform verloren. Auf der Suche nach einer strukturellen Alternative bietet sich für diejenigen, die sich vor einer kommunistischen
Unterwanderung der Gesellschaft oder einer drohenden Sowjet-Invasion fürchten, die „Wehrsportgruppe Hoffmann“ als Organisationsalternative an. Diese versteht
sich als Bürgerkriegsarmee gegen den Bolschewismus.

So prahlt Hoffmann: „in einer bürgerkriegs-ähnlichen Situation wären wir die die richtigen Leute. Wir sagen nicht von vornerein, da wird’s schwierig, wir haben keine Hemmungen, gegen
einen Kommunisten vorzugehen“. (‚Konkret‘, Januar 1977 zit. aus: Rabe 1980, S.195). Auch das SPD-Organ Vorwärts greift ein Hoffmann-Zitat auf: „Wir fühlen uns als Soldaten gegen die rote Flut-“ (‚Vorwärts‘, 5.4.1979)

Hoffmann hat gerne mal auf die Kacke gehauen, und sich dabei einen gefeixt?

Mit zugelöteten Gewehren gegen die Sowjetinvasion, die nie kam?

Mit „Panzern“?

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Ich bin vielleicht nicht der Richtige, um das zu beurteilen, aber solche Feierabend-Veranstaltungen kann ich nicht ernst nehmen. Tut mir leid. Ist für mich Spinnerei, Träumerei, totale Fehleinschätzung der eigenen Möglichkeiten.

In der BRD konnte das nie etwas werden. Niemals.

Schlussfrage: Sind das „SS-Uniformen“ ?

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Totenkopfabzeichen, ja, das ist SS-Stil.

Oder es ist ganzjähriger Karneval.

Auf alle Fälle ist es nicht mein Ding, es ist peinlich.

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Fatalist wählt „ganzjähriger Fasching“.

Ende Teil 4.

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Die WSG Hoffmann in der Dissertation von Rainer Fromm, ZDF-NSU-Filmemacher, Teil 3

In Teil 2 waren wir in die 500 Seiten eingestiegen.

Das war der “Stand der Forschung”: Hoffmann entwickelte einen Faschismus eigener Prägung, war kein klassischer “3.Reich-Nazi”, und lockte viele Jugendliche und Nationalisten an, mit Hilfe auch und gerade der Medien.

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Teil 3: Das Kapitel   3. Ideologie der Wehrsportgruppe Hoffmann

Vorbemerkung: Hoffmann schreibt, es habe die gar nicht gegeben, die einheitliche Ideologie.

Selbstdarstellung:

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Hoffmann selbst hatte jedoch eine:

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Im Gespräch mit dem ‚Vorwärts‘ macht Hoffmann klar, was er am NS-Staat gut
und was er schlecht findet. Er schätzt das Führertum. Doch der Nationalsozialismus habe das Führerprinzip um zwei Bestandteile erweitert: „Um die Rassentheorie und um die Bodenerwerbstheorie mit dem Gedanken vom ‚Volk ohne Raum‘: Beides lehne ich ab“ . (‚Vorwärts‘, 9.1.1975)

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Hoffmann sieht sich selbst als Patrioten, und befürwortet die Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen vom 1.9.1939, also mit Österreich:

„Das 3. Reich war nicht nur Rechtsnachfolger des ehemaligen deutschen Kaiserreiches sondern durch den friedlichen Zusammenschluß mit Deutsch-Österreich auch eindeutig der Rechtsnachfolger der ehemaligen österreichisch-ungarirschen Donaumonarchie. Im Zuge dieser, den Nationalisten zustehenden Rechtsanspruche hatte Hitler dama1s – stellvertretend für das deutsche Volk – nicht nur die Einverleibung der Tschechoslowakei fordern dürfen, sondern er hätte darüberhinaus auch einen legitimen Anspruch auf alle weiteren zum ehemaligen österreichisch-ungarischen Kaiserreich gehö-
renden Gebiete gehabt.“ (‚Kommando‘, Juli 1979, S. 8)

Ah ja…

Hoffmanns geographischer Gegenentwurf zu den bestehenden Staatsgrenzen hat konkrete Konturen. Im Gespräch mit dem ‚Stern‘ fordert er Österreich „heim ins Reich“, ebenso die „geraubten Ostgebiete“ und vorher die  Wiedervereinigung mit der „Zone“- (‚Stern‘, 28.2.1974)

Die Zone hat uns ja mittlerweile einverleibt, möchte man anmerken. Gauck und Merkel, danke, soviel Zone wollten wir nie…

Die Österreicher und die Ostgebiete, fatalist empfiehlt zunächst die Reconquista der Scharia-Zonen deutscher Großstädte. Das ist Aufgabe genug…

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Antiamerikanismus
Hoffmanns Feindbild Nummer eins sind die Vereinigten Staaten von Amerika und
die sogenannte „internationale Hochfinanz“ . Besonders stört ihn die angebliche militärische Dependenz Deutschlands, in der er die Ursache aller anderen Abhängigkeiten festmacht:

„Die wirklichen Feinde des deutschen Volkes sind für uns leider unangreifbar, weil sie
nicht offen in Erscheinung treten. Unser Unglück kommt von Übersee. Wir sind auch
heute noch ein besetztes Land und völlig in der Hand der Vereinigten Staaten von Amerika.“ (Hoffmann, Verrat und Treue, S. 101)

Da würde ihm nicht nur Willi Voss zustimmen. Auch Jürgen Elsässer, und fatalist.

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Antikommunismus
Ähnlich wie die Nationalrevolutionäre mit ihrer Idee eines „Dritten Weges“ wendet sich Hoffmann gegen Kommunismus und Kapitalismus. Die Sowjetunion wird
neben den USA für den angeblichen kulturellen Niedergang Europas verantwortlich gemacht.

1975 sicher nicht ganz falsch. Die Berliner Mauer stand.

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Demokratiefeindlichkeit und Ablehnung des Parlamentarismus

In seinem Buch „Gedanken und Verse eines deutschen Patrioten“ bezeichnet
sich Hoffmann als „Gegner jeder Spielart demokratischer Ordnungen“ (S . 3)

Demokratie setzt kritische Öffentlichkeit voraus. Als „Nebenprodukt“ der Abschaffung der demokratischen Grundordnung strebt Hoffmann an, die Arbeit der Medien zu kontrollieren und die Pressefreiheit einzuschränken: „Wenn Ordnung  in den Saftladen gebracht werden soll, dann muß die Presse an die Kette gelegt werden.“ (‚General-Anzeiger‘, 27 .9.1984) Die Schuld liegt nach Hoffmanns Auffassung im zu weitreichenden deutschen Pressegesetz. In seinem Gedichtband schreibt er:
„Das Pressegesetz gtbt den Hintermänndern der Massenmedien die uneingeschränkte Möglichkeit, durch dauernde demagogische Beeinflussung jede gewünschte  Meinungstendenz unter den Massen zu erzeugen.“ (Hoffmann 1973 , S. 76)

Lügenpresse stimmt schon, das kann man nicht bestreiten, aber das Kind mit dem Bade auszuschütten ist keine Lösung.  Direkte Demokratie wie in der Schweiz ist dem BRD-Parlamentarismus sicher vorzuziehen.

Ohne „brauchbare Medien“ funktioniert allerdings auch die direkte Demokratie nicht wirklich. Aber besser als das, was ist.

Demokrat ist Hoffmann also nicht. Rassist auch nicht, moderner Faschist schon eher. Was hat er gegen das Schweizer Modell?

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War denn nun die gesamte WSG, 400 Leute, was Hoffmann war? Darf man das gleichsetzen?

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Auch Hoffmann versucht, die wahren Inhalte seiner Ideologie zu entschärfen und stellt sich gerne als radikaler Systemkritiker dar, der jedoch generell das Grundgesetz anerkennt. So schreibt er in der Entgegnung zur WSG-Verbotsverfügung, bei seiner Wehrsportgruppe handele es sich lediglich um einen „Feierabendverein“ . Auch fehle es an einem „kämpferisch-aggressiven Handlungswillen“.

Bei einem Vortrag am 29.10.1976 habe er ferner „ausdrücklich erklärt, er  erkenne die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland voll an.“ (Bundesverwaltungsgericht, BVerwG, 1 A 3 .80, 25.11.1980, S.9) In diesem Zusammenhang
sagt er: „Ich bin nie davon ausgegangen, daß man in unserem Land einen gewaltsamen Umsturz betreiben könnte.“ Er habe zwar alle verfügbare Revolutionsliteratur gelesen, wie etwa Che Guevara und Mao Tsetung. In der Bundesrepublik bestehe aber keine Aussicht auf Erfolg, da die eigentliche Machtzentrale in Washington liege. (‚General-Anzeiger‘, 27 .9.1984)Dieser Argumentation folgen die Richter des Bundesverwaltungsgerichts nicht.

Hoffmann sieht seine Einwände, er erkenne „die heutigen Gesetze der Bundesrepublik voll an“, als „widerlegt“ . (Bundesverwaltungsgericht, BVerwG, 1 A 3 .80, 25 .11.1980, S. 36)

Die Ideologie der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ ist der fdGO diametral entgegengesetzt. So präsentiert sich die WSG als politische Kraft, die
die parlamentarische Demokratie und ihre Repräsentanten ablehnt, und sich als
Speerspitze eines Umsturzes begreift. Die Frage, ob es sich bei der Hoffmann Gruppe also nur um einen „radikalen“ Verband handelt, muß negiert werden.

Alles Andere wäre auch kaum zu erwarten gewesen. Der Antiamerikanismus Hoffmanns, und seine Feststellung der Nichtsouveränität der BRD war für Bonn viel gefährlicher, als es die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie war. Das gilt bis heute. Die Gefahr für die BRD als System ist die Wiederherstellung der deutschen Souveränität, verbunden mit Neutralität und Abzug der Besatzertruppen.

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Auch ein „globaler Herrschaftsanspruch“ kann Hoffmann nicht zugesprochen
werden. Dementgegen möchte er Deutschland unter Anschluß von Österreich und
den „Ostgebieten“ handstreichartig in eine Diktatur verwandeln. Folglich kann die
„Wehrsportgruppe Hoffmann“ als eine der wenigen deutschen rechtsextremistischen Nachkriegsorganisationen als „neofaschistisch“ bezeichnet werden, während der Begriff  „neonazistisch“ zu verwerfen ist.

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Okay, das hätten wir geklärt: Kein Neonazi, aber auch kein Demokrat.

Kein Rassist.

Ende Teil 3.

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Hintergründe und Vorgeschichte zur geheimdienstlichen Operation Oktoberfestattentat 1980

Februar 2015; Gastbeitrag von Karl Heinz Hoffmann

Wir wählen den Code-Namen „Asasel“ (der unschuldige Ziegenbock, der mit den Sünden der ganzen Gemeinde beladen, in die Wüste geschickt wird.)

Die Operation „Asasel“ ist eine von israelischen Interessen ausgehende konzertierte Aktion. Die Operation wurde im arbeitsteiligen Zusammenspiel westlicher Geheimdienste und deren Helfer entwickelt und durchgezogen.

Wer der Ideengeber war, wissen wir nicht. Jedoch deuten diverse tatsächliche Erkenntnisse auf den Top-Agenten Werner Mauss hin, dessen Kreativität schon im Zusammenhang mit geheimen Operationen im Bereich der RAF für die Dienste genutzt worden war. Werner Mauss hatte Udo Albrecht nach dessen Haftentlassung aufgesucht und erpresserisch zur Agententätigkeit für westliche Dienste verpflichtet. Damit waren die praktischen Voraussetzungen für das Unternehmen „Asasel“ geschaffen. Mauss konnte den Anknüpfungspunkt liefern, aber zur Gesamtplanung und Durchführung brauchte man Zugang zu einer Vielzahl von Informationsquellen und Möglichkeiten der Einflussnahme, die den westlichen Diensten zur Verfügung standen.

Mit der Operation werden drei Ziele verfolgt:

  1. Sie richtet sich gegen den Anführer der Wehrsportgruppe Karl-Heinz Hoffmann, bewirkt seine Ausschaltung, entweder physisch durch Tod oder lebenslängliche Haft, oder durch psychologisch angewendete gesellschaftliche Ächtung.
  2. Durch die künstliche Herstellung von Zusammenhängen zwischen WSG-Hoffmann und den Autoritäten des palästinensischen Sicherheitsapparates um Abu Iyad, der als Drahtzieher der Aktion „Schwarzer September“ gilt (Geiselnahme auf dem Olympia-Gelände 1972) soll auch, indem das Oktoberfestattentat der WSG-Hoffmann zugeordnet wird, das internationale Image der PLO schwer beschädigt werden.
  3. Zudem kann das Attentat auf dem Oktoberfest der Destabilisierung der bundesdeutschen Gesellschaft dienen, womit ein noch stärkeres Aufrüsten der Geheimdienste ermöglicht wird. Weiterhin kann die gesamte deutsche Nationalbewegung diffamiert werden.

 

Die Interessen des israelischen Establishments:

Der Staat Israel hat seit seiner Staatsgründung ein besonderes, historisch begründetes Interesse an den gesellschaftlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland.

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man annehmen, es bestünde vorrangig ein Interesse daran, dass der Antisemitismus in Deutschland ausgerottet wird. Bei tiefer gehender Betrachtung ergibt sich ein anderes Bild. Die Israelis wollen natürlich nicht, dass der Antisemitismus zur beherrschenden Geisteshaltung der Deutschen wird. Aber ob man in Israel ganz auf deutschen und auch europäischen Antisemitismus verzichten will, ist zumindest fraglich. Auch heute noch gelten die Worte des großen Visionärs Theodor Herzl: „Der Druck presst uns an den alten Stamm.“ Ohne den Druck der Judenfeindlichkeit ist das Judentum stets in Gefahr gewesen, sich aufzulösen.

Israel hat eine etwaige Rückwendung zum Nationalsozialismus nicht zu fürchten, soviel ist klar und es besteht ein großes Interesse an der Erhaltung der nach dem Krieg eingeführten politischen und wirtschaftlichen Systeme. Das Prinzip der parlamentarischen Demokratie gewährleistet, ebenso wie das global agierende Wirtschaftssystem, die politische Einflussnahme von außen.

In diesem Zusammenhang muss die seit 1974 einsetzende und im Lauf der Jahre ständig gesteigerte Verfolgungskampagne gegen Karl-Heinz Hoffmann gesehen werden. Karl-Heinz Hoffmann wurde realitätswidrig bereits 1974 mit Hilfe eines Aufsehen erregenden Berichtes des „Stern“-Journals zum Nazi gestempelt. Doch alle Versuche, diese Einschätzung gerichtlich verifizieren zu wollen, mussten scheitern, weil die offensichtlich erkennbaren Tatsachen dagegen standen.

Man soll dem israelischen Geheimdienst nicht unterstellen, so unfähig-naiv zu sein, an die Nazi-Eigenschaft Hoffmanns geglaubt zu haben. Die Israelis hatten genug Erkenntnisse, um wissen zu können, dass Hoffmann niemals Antisemit gewesen ist und auch nicht der rassisch-völkischen Ideologie anhängt. Aber gerade das Letztere war für die Israelis nicht ungefährlich, weil sie selbst schließlich ihren Staat auf der Ideologie einer rassischen Besonderheit der Juden aufgebaut hatten. Wenn Hoffmann erklärt: Antisemitismus ist anthropologisch gesehen Blödsinn, wenn er sagt, es gibt keine „jüdische Rasse“, dann ist das für die israelischen Interessen gefährlicher, als es der härteste Antisemitismus sein könnte.

Auch Hoffmanns Manifest von 1973 musste als Kampfansage betrachtet werden. Nicht hinnehmbar waren die darin erhobenen Forderungen nach:

– Verstaatlichung der Großbanken

– Verstaatlichung der Großindustrie

– Gesundschrumpfung und Begrenzung des Wachstums in jeder Beziehung

Diese politischen Forderungen konnten nicht als moralisch verwerflich bezeichnet werden und sie waren argumentativ nicht angreifbar, weil sie auf der unwiderlegbaren Wahrheit aufbauten, die besagt, dass es auf einem begrenzten Raum kein unbegrenztes Wachstum geben kann.

Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass die in Hoffmanns Manifest erhobene Grundforderung nach Wiedervereinigung Deutschlands aus der damaligen Sicht der westlichen Siegermächte als höchst unerwünscht galt.

Hoffmann war während der sechs Jahre des Bestehens seiner WSG-Organisation sehr erfolgreich. Zu erfolgreich, als dass man ihn gewähren lassen konnte. In der Verbotsverfügung von 1980 wird die Feststellung er habe eine „Sogwirkung“ erzeugt, wie ein Vorwurf erhoben. Hoffmann störte die Kreise der Herrschenden und deshalb musste er weg. Um ihn unschädlich machen zu können, musste ihm das Klischee vom strammen Neonazi angeheftet werden. Das gelang mit Erfolg, reichte aber dem politischen Establishment noch nicht. Man sah sich genötigt, härtere Maßnahmen zu ergreifen.

Der Versuch, Hoffmann am 30.Januar 1980 von einer Sondereinsatzgruppe der GSG 9 im Bett erschießen zu lassen, und es dabei so aussehen zu lassen, als hätten die Beamten in Notwehr gehandelt, scheiterte an seiner Geistesgegenwart und seinem unerwarteten Verhalten.

Die Erwartung, Hoffmann würde versuchen, seine WSG auch nach dem Verbot weiterzuführen, und damit Möglichkeiten zur strafrechtlichen Verfolgung zu haben erfüllten sich nicht. Hoffmann wollte sich nicht in den Untergrund abdrängen lassen. Die Geheimdienste wussten, dass Hoffmann die Absicht hatte, die politische Bühne mit der Gründung einer Partei-Aufbau-Organisation zu betreten. Aus der Erkenntnis dieser Sachlage heraus entstand die Idee zur „Operation Asasel“.

 

Mitwirkende Institutionen

  1. Mossad = Schirmherrschaft und Unterstützer
  2. Koordinationsstelle der westlichen Geheimdienste in Brüssel
  3. BND = Organisationsleitung und Betreuung
  4. Verfassungsschutz = Information – Beschaffung und Weiterleitung
  5. Verfassungsschutz Düsseldorf = V Mann-Führung
  6. Italienischer Geheimdienst SISMI = geheimdienstliche Zuarbeit
  7. Geheimdienstlich gesteuerte Psychopolitik = Journal Stern

 

Wissentlich arbeitsteilig mitwirkende Personen:

  1. Werner Mauss, Top-Agent, Deckname „Herr Jung“
  2. Udo Albrecht, Vertrauensmann der Fatah-Führungsspitze. Seit Ende 1979 von dem Top-Agenten Mauss umgedreht und als Agent westlicher Geheimdienste zur Ausspähung der Palästinenser in Beirut und ab März 1980 zur Hauptfigur bei der „Operation Asasel“ verwendet. Ab Spät-Sommer 1980 war Albrecht bezüglich seiner Aufgabe in Bezug auf Hoffmann für die Dienste nicht mehr verwendungsfähig. Seine Liquidierung wurde vorbereitet.
  3. RA Schöttler, Vorbereitung einer tödlichen Falle.
  4. Walter Ulrich Behle, Nachwuchsagent des Verfassungsschutzes: Ab Sommer 1980 im Auftrag des Verfassungsschutzes Düsseldorf und dem Sternreporter Pölchau V-Mann und Provokateur im Libanon-Projekt. Zweckgerichtete Falschaussage in Damaskus.
  5. Franz Lippert, langjähriger V-Mann des Bayerischen Verfassungsschutzes, Aufgabenbereich: Ausspähung der WSG und nach dem 30.01.1980 Erfassung und Weitermeldung der Bewegungen ehemaliger WSG Männer. Ab 1982 im Auftrag des Verfassungsschutzes Mitwirkung beim Aufbau einer illegalen WSG unter NS-Vorzeichen im Raum Frankfurt.

V-Leute, Propagandisten und Autoren, ohne die Spur eines tatsächlichen Wissens als nützliche Idioten der Dienste.

  1. Ciolini. In der Schweiz inhaftiert. Wird vom SISMI zu Falschaussagen missbraucht.
  2. Systempresse und Antifa-Propagandisten, befördern durch Verbreitung geheimdienstlich vorgegebener Inhalte die Psychopolitik der Geheimdienste. Autoren und Antifa-Propagandisten Ulrich Chaussy, RA Dietrich, Tobias Heymann, Jutta Ditfurth, und viele weitere.

 

Persönliche Lagebeurteilung:

Ich werde gelegentlich gefragt, ob ich nicht fürchte vom israelischen Geheimdienst ermordet zu werden. Ich gebe zu, dass mich diese Möglichkeit lange beschäftigt hat. Besonders in der Zeit, als ich noch nicht wusste, dass es der Mossad selbst war, der vielleicht nicht die Idee hatte, aber doch mit der Operation „Asasel“ einverstanden gewesen sein muss, weil etwas anderes undenkbar ist. Heute meine ich, warum sollte der Mossad mich für etwas bestrafen, was er selbst befürwortet hat? Man weiß doch ganz genau, dass ich ohne das geheimdienstliche Wirken, welches ohne den Mossad sich nicht hätte entfalten können, niemals dorthin gelangt wäre, wo man mich zuerst haben wollte und dann möglichst schnell wieder weg haben wollte. Die Leute vom Mossad wissen sehr genau, dass ich weder antijudaistisch noch antisemitisch eingestellt bin. Kritik an der israelischen Politik gibt es auch in Israel, das ist noch kein Grund zur Beseitigung.

Sollte ich mich irren, das heißt, sollte ich trotzdem auf der Abschussliste stehen, dann muss ich das hinnehmen. Obwohl ich noch atme, bin ich doch schon seit 34 Jahren tot. Man hat es mit vereinten Kräften soweit gebracht, dass ich im kollektiven Bewusstsein der Gesellschaft als verabscheuungswürdiges Phantom existiere. Die natürliche Beschaffenheit meiner Persönlichkeit kann nicht mehr wahrgenommen werden.

Welchen Wert kann eine solche nur noch physische Existenz haben?

 

Biwakieren mit Gundolf Köhler: Kein Wuschelkopf

Published On Februar 13th, 2015 | By r

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Spätsommer 1981

Ein knappes Jahr nach dem Anschlag auf das Oktoberfest wird in Frankfurt am Main beim Hessischen Landeskriminalamt der ehemalige Vize-Unterführer der Wehrsportgruppe Hoffmann, Heinz-Arndt Marx (er sollte Jahrzehnte später in kurzen Hosen und Camouflage mit Ulrich Chaussy Fernsehgespräche führen) vernommen. Im Zentrum der Vernehmung steht die Frage nach der Bekanntschaft mit dem angeblichen Wiesn-Attentäter Gundolf Köhler aus der Zeit der WSG.

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Die Niederschrift dieser Vernehmung wirkt merkwürdig dürr; um 12 Uhr 30 unterbrach man denn auch die Vernehmung und bewirtete Marx mit einem Mittagessen.

Der ehemalige Wehrsportler war in seinem jungen Leben schon viel herumgekommen. Er hatte einige Jahre in der WSG gedient, später war er mit Hoffmann in den Libanon gegangen und hatte sich dort dessen Kampfgruppe angeschlossen. Wie Hoffmann und andere war er nach seiner Rückkehr aus dem Nahen Osten eingesperrt worden und man hoffte darauf, den Mann im Verfahren gegen Hoffmann zu einem nützlichen Zeugen machen zu können.

Dieser Marx hatte im Juli 1976 bei einer Übung der WSG Gundolf Köhler kennen gelernt. Man hatte gemeinsam biwakiert und sich bei dieser Gelegenheit ausgiebig unterhalten. Auf die Frage des hessischen Kriminalbeamten beschreibt Marx seine Erinnerungen an den jungen Burschen, der schon an seinem zweiten (und letzten) Tag mit einer selbstgebauten „Handgranate“, die freilich eher ein Böller gewesen sein wird, unangenehm aufgefallen war.

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Nachdem der „Chef“ zu seinem Ärger erfahren hatte, dass Köhler einen selbst gebastelten Knallkörper zur Fahrt am Übungsgelände mitgebracht hatte, ließ er den Neuling sofort von der Pritsche des Unimog absitzen. Köhler warf seinen Bums hinter eine Fichte, man ging in Deckung, lachte wohl einmal kurz und trocken. Von Splitterwirkung war keine Rede; das ganze war ein alberner Streich gewesen.

Wie es sich für junge Wehrsportler dazumal gehörte, unterhielt man sich nachts – Zelte waren nicht vorgesehen – über den unter Umständen bevorstehenden Bürgerkrieg in der BRD und diverse „politische Themen“, etwa die Bundestagswahl, das große Duell zwischen Schmidt und Kohl. Auch das schilderte Marx dem hessischen Beamten.

Dies alles wäre nicht der Rede wert, wenn Gundolf Köhler nicht Jahre später, zumindest im Bewusstsein der Öffentlichkeit, als dämonischer Massenmörder in Erscheinung getreten wäre. Man hätte besorgte antifaschistische Literatur daraus machen können, oder eine psychoanalytische Fallstudie.

Da es sich aber um Köhler handelte, fragte man Marx in diesem Herbst 1981, ob er denn den Köhler auch auf einem Lichtbild wiedererkennen würde. Schließlich legte man ihm genau jenes Foto vor, das Köhler als Wuschelkopf zeigt, jenes Foto, das Köhler angeblich so zeigt, wie ihn die Zeugen auf der Wiesn gesehen haben wollen. Das Foto mit dem typischen Wuschelkopf eben.

Und was geschieht?

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Marx erkennt Köhler nicht. Diese Person ist ihm völlig unbekannt.

Im Anschluss zeigt man Marx ein Bild Köhlers, das diesen mit kurzen Haaren zeigt, in jenem Zustand der Frisur, der auch am Tag des Oktoberfestattentats auf seinem Kopf zu beobachten gewesen war.

Marx erkennt Köhler sofort. Sofort ist er sich sicher, den jungen Mann zu kennen.

Eine Person wie Marx, der mit Köhler biwakiert hatte, ausführlich sprach und ihn im Gelände kennen lernen konnte, war also nicht in der Lage, Köhler mit seinem Wuschelkopf auf dem fast schon mythologischen Foto, das durch die Presse ging, zu erkennen.

Aber die Zeugen beim Wiesn-Attentat, die konnten das. Aus teils großer Entfernung, beim ersten Sehen, in einer Menschenmenge. Sahen sie einen Wuschelkopf, und Köhler war keiner.

Diese Zeugen haben einen anderen gesehen, nicht Gundolf Köhler; einen echten Wuschelkopf. Oder die Phantasie ist mit ihnen durchgegangen, wenn nicht Schlimmeres.

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Gundolf Köhler: Wuschelkopf und Phantom

Februar 2015

Die kollektive Erinnerung an den Bombenanschlag auf dem Münchner Oktoberfest ist auf das Engste verbunden mit der Aufnahme eines wuschelköpfigen Schülers, etwa 16 Jahre alt, Karohemd, Pullunder und verträumte Augen. Direkt nach dem Anschlag wurde diese Fotografie massenhaft verbreitet, über die damaligen „Revolverblätter“ Quick und Bild, aber auch über das damals noch staatsmonopolistische Fernsehen. Es handle sich um den Täter, hieß es damals, oder reißerischer: „Er legte die Bombe“.

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Dieser junge Mann machte allerdings bis zum 26.9.1980, dem Tag des Anschlags, wie jeder andere junge Mann auch, noch eine bemerkenswerte Entwicklung durch. Fest steht jedenfalls, dass er am Tag des Anschlags kurze Haare gehabt hat; sämtliche Aussagen angeblicher Tatortzeugen zu diesem jungen Mann, die sich explizit auf dessen Wuschelkopf beziehen, den Wuschelkopf als Merkmal hervorheben, sind also unbrauchbar, was noch zu belegen sein wird.

Das gilt vor allem für solche Aussagen, die angebliche Mittäter ins Spiel bringen und diese geheimnisvollen Mittäter kurz vor dem Anschlag als im Gespräch mit einem Wuschelkopf befindlich darstellen.

Wie immer, viel Käse dabei, bei den Zeugenaussagen. Das ist ganz normal.

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Wer war dieser Köhler?

Wie eine Litfaßsäule der Erinnerung ist Köhler im Laufe der Jahrzehnte mit Etiketten der diffamierenden oder willkürlichen Zuschreibung bedeckt worden. Da wir ihn nicht persönlich kennen, können wir hier nicht sein Wesen ausbreiten. Aber wir können die Etiketten eine nach der anderen ablösen.

Da ist zunächst die Legende von der „Mitgliedschaft“ Köhlers bei der „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Diese Legende wird heute von den zentral zuständigen Geschichtenerzählern des Oktoberfest-Attentats nicht mehr gar so offensiv vertreten, zumal man weiß, dass sie vor allem aus Unsinn besteht. Man nimmt es aber gern in Kauf, dass sich das Gerücht, oder wenigstens der sprachliche Rest eines Gerüchts in dieser Hinsicht hält.

Tatsächlich ließ sich Köhler 1976 von seinen Eltern zu einer Übung der WSG chauffieren und wiederholte seine Schnupper-Teilnahme ein weiteres und letztes Mal. Der „Chef“ der WSG konnte nicht umhin, dem Wuschelkopf die Haare zu schneiden; und ein Offizier der WSG rügte ihn für den albernen Knallkörper, den er zur Übung mitgebracht hatte. Eine Uniform erhielt er nicht, auch keine Mitgliedskarte. Danach war für Köhler Schluss mit WSG; er hatte sich mit dieser Aktion einen Eintrag im NADIS-System der deutschen Sicherheitsbehörden geholt und versuchte später, Hoffmann per Postpaket mit einer Flasche Wein zu beglücken, ja ihm brieflich die Gründung einer WSG-Filiale unter seiner Leitung anzutragen.

Beides irrsinnige Aktionen, denn Hoffmann rührte damals – nach eigenen Angaben auch heute noch – keinen Alkohol an und hätte einen frisch geschorenen 17-Jährigen, der unaufgefordert mit selbstgebauten Knallkörpern am Übungsplatz erscheint, nicht zum WSG-Offizier gemacht.

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(WSG-Vize-Unterführer Marx bei der Gesichtskontrolle)

Trotzdem hat man immer wieder versucht, Köhler als „Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann“ (Generalbundesanwalt Rebmann) darzustellen. Medien wie der Stern verwendeten dazu Bildmaterial wie das oben stehende Foto. Es kann nicht Köhler zeigen; die Körpergröße stimmt nicht, das wurde dutzende Male nachgewiesen, und wer Augen hat, zu sehen, erkennt, dass der Mann im Vordergrund des Bildes auch dem Gesicht nach anders aussieht als unser Phantom.

Wie auch immer, nicht nur Köhlers Gesicht besteht aus Phantom-Zügen, aus Lügen, Irrtümern und Erfindungen. Was kann man alles in den Charakter eines Menschen hineininterpretieren? fragt man sich bei der Lektüre des Abschlussberichts der Bundesanwaltschaft. Alles und nichts, möchte man antworten und stellt sich vor, selbst so beschrieben zu werden:

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Ein eiskalter Borderliner, der Rock-Schlagzeuger Köhler, möchte man ausrufen, und auch noch Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann! Bei näherer Betrachtung zerfällt alles zu Staub, was an „behördlichen Erkenntnissen“ über diesen Jungen vorhanden war. Am Ende wirft die Bundesanwaltschaft ihm gar vor, in seiner Schulzeit mit einer Spritzpistole und gefährlichem Zitronensaft seine Mitmenschen angegriffen zu haben. Eiskalt und gefährlich, fast so schlimm wie seine Silvesterböllerei und sein Interesse für „Sprengungen“ im Wald.

Sogar im Arbeitskreis NSU finden sich Leute, die in ihrer Jugend Wald- und Wiesensprengungen durchgeführt haben. Es bedeutet nichts. Nicht einmal, dass man Mitglied des Arbeitskreises NSU ist, der auch keine Mitgliedskarten ausgibt.

Was macht man mit dem Köhler und seinem dämonischen, in Wirklichkeit ausgesprochen banalen Charakter im Jahr 2015? Es bleibt nichts als der Verdacht, dass dieser vergleichsweise farblose junge Mann eine ideale Projektionsfläche war. Ein psychisch schwer beeinträchtigter „Zeuge“ will mit ihm regelmäßigen Geschlechtsverkehr gehabt haben; seine Eltern und anderen Verwandten fanden ihn unauffällig und nett; er wählte die Grünen und interessierte sich für den Schutz von Kulturdenkmälern in der Region.

Da gab es wohl auch Bekanntschaften zu stramm antikommunistischen Kräften, aber auch die sollen längst vor dem Anschlag abgeflaut sein. Über Zufallsbekanntschaften und verdeckte Verbindungen wissen wir noch nichts. Wir kennen Gundolf Köhler nicht und müssen uns um sein Bild bemühen, gegen die alten Klischees.