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Warum zerbrechen Nazi-Terrorzellen so schnell, Herr Dr. Fromm?

In seiner 500- Seiten- Dissertation hat sich NSU-Filmemacher Rainer Fromm ausgiebig mit der Frage beschäftigt, warum denn neonazistische Terrorzellen so kurzlebig waren, im Vergleich zur RAF der Linksextremisten, die 25 Jahre bestanden habe.

fromm buch

Zunächst muss man das Ganze einschränken: Laut Fromm war die WSG Inland keine Terrorgruppe, und den äusserst langlebigen „NSU“ kannte Fromm damals noch nicht. Der soll von 2001 bis 2011 existiert haben, und zwar bestehend aus denselben Personen: 2 Uwes, 1 Beate, und das als Trio. So stellt Fromm das auch heutzutage im TV dar, zur grossen Belustigung derer, die sich die Dokus anschauen wie andere Leute die Heute-Show. Nett gemacht, aber kompletter Blödsinn. Lustig jedoch durchaus.

Allerdings stimmt die These auch nicht bei der RAF, denn deren Protagonisten von 1970/72 waren allesamt 1977 tot oder in Haft, von den „3. RAF-Generationen“ hat jeder schon mal gehört, die handelnden Personen unter dem Label „RAF“ waren stets andere, und selbst innerhalb 1 Generation der RAF gab es verschiedene „Zellen“, die mehr oder weniger unabhängig voneinander operierten. Ein langes Leben hatten sie alle nicht. Nach 2-4 Jahren waren sie gefunden und verhaftet. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel… vor Allem bei mutmasslichen Spitzeln war Langlebigkeit in Freiheit zu beobachten.

Den Total-Fake „3. Generation“ mit 10 unaufgeklärten Morden muss man sich betrachten wie die „Heute-Show“: Nette Geschichten ohne reale Grundlage. „Heimatschutz“ ist die Analogie zu „Der Baader-Meinhof-Komplex“: Gut gemachte Nichtaufklärung.

Die Propaganda-Vorlage für den NSU ist die RAF Generation 3, bis ins Detail stimmen die Fakes überein, sogar bei der Anzahl der Morde… und den Protagonisten der „Aufklärung“. Staatliche Desinformanten schreiben die Geschichte auf, aus der Perspektive des Tiefen Staates… und erschaffen so „die Lügen, auf die man sich geeinigt habe, denn genau das sei Geschichtsschreibung“ (soll auf Napoleon I zurückgehen).

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Warum zerbrechen neonazistische UND linksextreme Terrorzellen so schnell? Weil sie verraten werden, weil die Fahnder Tipps bekommen, und zwar von Innen, aus den Terroristischen Vereinigungen selbst. In der RAF gab es V-Leute, auch Bommi Baumann vom „2. Juni“ beklagte sich später, der Verfassungsschutz habe immer Bescheid gewusst, man wüsste aus heutiger Sicht gar nicht mehr, wem man da eigentlich -selbst unwissend- zu Diensten war:

http://https://www.youtube.com/watch?v=Aosw0i7Cb6Y

Wenn die Anschlagsziele 1977 (Personen wie Buback und Schleyer) bekannt waren, was auch Ridder (Ex-BfV) schreibt, und die Morde dennoch gelingen, was heisst das? Lihop, lasst es geschehen, aber wer entschied das? Wüsste auch Prof. Buback gerne, oder Familen Ponto und Schleyer… wer da entschieden hatte, die Dinge einfach laufen zu lassen.

Fromm benennt in seinem Buch über Rechten Terror durchaus V-Leute, an 16 Stellen:

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auch Anwalt von PLO-Mann Willi Pohl, der Schöttler. Immer dieselben Personen…

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noch 2 V-Leute: Mindestens. Gottwald und Weinmann (Friedhelm Busse…Südtirol, WSG-Förderkreis, Schiesserei 1981 in München, 2 Tote, Uhl und Wolfgram, eher Doppelmord als Schiesserei, fragwürdige Rolle des Peter Hamberger)

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Behle natürlich, und wie wir wissen, Fraas ebenso:

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Hier ein echter Lacher: PLO-Lieferant Albrecht, ohne Wissen des BND?

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Seit 1970 Stasi, seit (spätestens) Mitte der 1970er BND, das ist Udo Albrecht… weiss Fromm das nicht, nur weil Chaussy auch Null Ahnung hat?

Pohl = Voss wurde laut eigenen Angaben erst 1975 zum CIA-Agenten Ganymed, das kann stimmen, muss aber nicht:

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Hier warten wir auf den Oktoberfest-Blog:

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Ist sie tatsächlich nicht verifizierbar?

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Da hätten wir Hegewald. Was ist mit Heckmann?

Warum sind also (laut Fromm) rechtsterroristische Gruppierungen so kurzlebig?

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– zu doof, kein Unterstützerumfeld, nur linksextreme Geisteswissenschaftler sind gute Terroristen.

Man fragt sich, ob Fromm diesen Stuss wirklich glaubt?

Lesen Sie es selbst!

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Dazu hätten wir gern Aussagen von denen, die dabei waren.

Meine These ist: Rechte wie Linke Terrorgruppen zerbrachen, sobald sie es sollten, weil ihre Existenz nicht mehr sinnvoll (für die Geheimdienste) war, oder weil sie „den Bogen überspannt hatten“.

Dies setzt jedoch voraus, dass die Terrorgruppen bekannt und auffindbar waren, und das waren sie durch V-Leute in ihren Reihen.

Auffindbar nicht durch „Handys“, die gab es noch nicht. Handys spielten erst eine Rolle, als Uwe Böhnhardt am 26.1.1998 „untertauchte“ und bis 17. März 1998 ganze 123 Anrufe mit seinem eigenen Handy tätigte, die selbstverständlich geortet und aufgezeichnet wurden:

Man sagte auch Böhnhardt energisch Bescheid, dass der Trottel aufhören solle, sein Handy weiter zu benutzen. Am 17.März 1998 hatte der es endlich geschnallt. Nach 123 “Fluchtbenutzungen”. Hätte schiefgehen müssen, ging aber gut.

https://sicherungsblog.wordpress.com/2015/01/22/die-idee-v-mann-terror-untergrundzelle-stammt-vom-bka/

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Mir schwant, Fromm ist deshalb der NSU-Idiotie verfallen, weil er schon zu Zeiten seiner Dissertation Mitte der 1990er die mögliche Existenz von gesteuertem Terrorismus unter den Augen des Staates nicht zu erkennen imstande war. Da ist Bommi Baumann eindeutig dem Fromm um Ewigkeiten voraus. Die damalige Blindheit verplflichtet -aus reiner Selbstachtung- auch heute noch zu medialen Märchenstunden, wenn es um den NSU geht.

Irgendwie schon tragisch, oder nicht? Aber sehr sehr nützliche Propaganda, in jedem Fall. Ob er dafür auch Preise bekommen wird die Stefan Aust für seine Märchenbücher?

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Wer den Begriff „NSU-Idiotie“ nicht kennt:

http://die-anmerkung.blogspot.com/2014/12/ist-journalist-der-nsu-idiotie-erkrankt.html

Sie sollten den Begriff als „Terroridiotie“ verstehen, und die grassiert in weiten Teilen der BRD. Eine sehr weit verbreitete journalistische Berufskrankheit.

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So sieht das Endstadium aus.

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Mediales Zerrbild vs. Realität

Zur Zeit werden auf dem Blog „1980 Oktoberfest“ nicht nur V-Leute geoutet, die die Regierung auch 2015 noch geheimhalten will, siehe Hans Peter Fraas, es werden auch neue Fakten benannt, von ehemaligen Angehörigen des MfS (Stasi).

V-Leute und Falschaussager vor Gericht:

Und der V-Mann Fraas war bei der Hepp-Kexel-Gruppe dabei. Ex WSG-ler, der im September 1980 Sprengstoff bei Hoffmann daheim anschleppte und und einmauerte:

http://oktoberfest.arbeitskreis-n.su/es-ist-alles-so-kompliziert-der-sprengstoff-i/

Fraas war demnach schon im Herbst 1980 ein V-Mann.

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Das Gericht kam schließlich, neben der Herausstellung des Umstands, dass die festgestellten Falschaussagen nicht mehr durch den früheren Verfolgungsdruck zu rechtfertigen gewesen seien, zu folgender Einschätzung, die Glaubwürdigkeit des Zeugen Fraas betreffend:

5 (Urteil des Landgerichtes Nürnberg in der Sache Hoffmann, 1986)

Zusammenfassend muss also die Frage gestellt werden, wie es sein konnte, dass dieser junge Mann im zeitlichen Umfeld des Oktoberfestanschlags beim zunächst öffentlich unter Einsatz der Massenmedien zentral Verdächtigten Sprengstoff ablädt, diesen dann unter Zustimmung Hoffmanns auf Schloss Ermreuth dauerhaft versteckt, um ihn dann unter erhöhtem Verfolgungsdruck, wenngleich unüblich auf freiem Fuß, vollständig Hoffmann anzulasten und dieser Zeuge dann Jahre später, ohne Not, vor Gericht, diese Falschaussagen wiederholt, bevor er der Lüge überführt werden kann.

Aus der historischen Erfahrung mit den üblichen geheimdienstlichen Methoden im Umfeld schwerwiegender terroristischer Straftaten ergibt sich allerdings noch eine weitere Frage: Warum gibt die bundesdeutsche Regierung 35 Jahre nach einem solchen Anschlag die V-Mann-Akten zur WSG nicht heraus?

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(Der ehemalige WSG-Mann Fraas im Gelände, um 1978)

http://oktoberfest.arbeitskreis-n.su/belastungszeuge-auf-freiem-fuss-der-sprengstoff-iii/

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Ganz aktuell wird auch dem Herrn Chaussy klargemacht, dass er seit 30 Jahren immer denselben Müll wiederholt, gar den Unrat noch 2014 in ein neues „Fachbuch“ packte, ohne die Jahre zuvor im Spiegel berichteten V-Mann-Belege seinen „Hauptzeugen Frank Lauterjung“ betreffend auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Das geht gar nicht.

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Chaussy täuscht sich auch in anderen Dingen grundlegend, nämlich was die V-Leute innerhalb der WSG angeht, und daher (mit Video!) ist seine eigene Rolle im linken NSU-Antifa Desinfo-Gequake seit 35 Jahren äusserst kritisch zu betrachten:

Dem mit dem Handy in der Mediathek der ARD erwischten Alt-Experten und Aktenfex Chaussy sagen wir feierlich nach, dass er gar nichts weiß, was zur Aufklärung des Staatsverbrechens beitragen könnte. Er hält den Bereich der V-Leute in der Wehrsportgruppe Hoffmann für vollkommen dunkel; und das wird stimmen, was das eigene Wissen angeht. Das eigene Wissen eines Staatsclowns ist aber nicht alles auf der Welt, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.

Der Mann erklärt, dass Odfried Hepp in seiner Zeit als Mitglied der WSG-Ausland im Libanon mit den Geheimdiensten in Verbindung gestanden habe. Das ist falsch; Hepp nahm seine Informantentätigkeit für das MfS erst 1982 auf, nach der Auflösung der WSG-Ausland. Und: Hepp war kein Mitglied der WSG Hoffmann vor dem 30.1. 1980, dem Tag ihres Verbots. Für die Annahme, dass Hepp für einen westlichen Dienst tätig war, gibt es keine Hinweise, und seine Taten nach 1981 lassen eine solche Vorstellung vollkommen absurd erscheinen.

1 (Ein Offizier des MfS erteilt Auskunft)

http://oktoberfest.arbeitskreis-n.su/verdachtsadel-im-verfall-kruecken-fuer-ulrich-chaussy-i/

Man darf gespannt sein, was die weiteren Blogbeiträge dazu ergeben werden.

Chaussy irrt sich in der Zielscheibe. Ihm wird im Folgenden noch eingehend zu helfen sein; ein Panoptikum der V-Leute soll sich vor ihm ausbreiten und er wird am Ende verstehen.

http://oktoberfest.arbeitskreis-n.su/

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In diesem kleinen „Bücher- und Zeitungsleserblog“ hatten wir die Frage aufgeworfen, ob Hepp nicht schon Ende 1979 in der U-Haft angeworben wurde, und das von einem westlichen Geheimdienst. Er kam sehr schnell und überraschend frei damals:

Im September 1979 flieht Hepp bei einer Hausdurchsuchung in Karlsruhe, kommt aber nur ein paar hundert Meter weit. Die Polizei findet Neonazi-Hetzschriften und steckt ihn vier Monate in Untersuchungshaft. Nach der Freilassung trifft Hepp in Nürnberg auf Karl-Heinz Hoffmann und geht im Sommer 1980 mit einigen ehemaligen Mitgliedern der verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann in den Libanon.

http://www.derwesten.de/region/wie-odfried-hepp-zum-terroristen-wurde-id7631727.html

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Der Hepp ist zweimal recht kurzfristig aus dem Gefängnis gekommen, einmal vor dem Libanon-Abenteuer, und einmal danach, wie man auch bei Wikipedia nachlesen kann.

Ob da wirklich Alles bekannt ist, für wen da wann informell gearbeitet wurde, das ist fraglich.

Was meint denn der WSG-Biograf Rainer Fromm zu Hepp, Zeitraum 1979 – Frühjahr 1982?

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Sachlich falsch: Wer aus der U-Haft freigelassen wird, überraschender Weise, der flieht nicht. Oder ist uns da Etwas entgangen? Wovor floh Hepp denn ?

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Fakt ist: Die Hepp-Kexel Gruppe mit V-Mann Fraas hätte 1982 gar nicht aktiv werden können, wäre nicht Odfried Hepp auf freiem Fuss gewesen Anfang 1982, siehe :

https://fatalistnsuleaks.wordpress.com/2015/03/08/wer-war-die-braune-raf-1978-1982-eigentlich-und-woher-kam-sie/

schaffte es Hepp 1981 den Libanon zu verlassen und wurde am Flughafen Frankfurt noch im Flugzeug verhaftet. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt und nach einem halben Jahr entlassen

http://de.wikipedia.org/wiki/Odfried_Hepp

Das scheint mir weit weniger klar zu sein als bislang bekannt, für wen da wann informell gearbeitet wurde, und von wem denn so… nur von Fraas?

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Fromm schreibt von einer Verurteilung eines Toten?

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Soweit bekannt starb Bergmann im Libanon.

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Bei diesem Vortrag sind Details dabei, was genau passierte, und wie falsch es dargestellt wurde von Stefan Aust. Eine gewisse Claudia Wangerin notierte eifrig mit, so war zu erfahren:

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Keppler = Hepp:

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Das liest sich so, als ob Hepp und Udo Albrecht dieselben Ziele hatten: Von der Auslandsbasis aus Anschläge in Deutschland zu verüben.

Hoffmann jedoch hatte diese Ziele nicht:

Mit einem Mann wie beispielsweise Odfried Hepp wäre der Plan unweigerlich aufgegangen.

https://fatalistnsuleaks.wordpress.com/2015/03/11/unternehmen-asasel-das-strategische-grundkonzept-ii/

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Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt: Nichts-Merker Chaussy…

Jeder, der sich auch nur ein paar Tage mit der WSG-Ausland und den dazu verfügbaren, halbwegs glaubwürdigen Quellen auseinandersetzt, stößt auf den Namen Udo Albrecht. Nur Chaussy nicht in seiner dokumentierten Stellungnahme; aber bei dem ist ja nichts aufgeklärt, während bei Albrecht das Allermeiste im Hinblick auf dessen Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung der BND-Intrige gegen die WSG aufgeklärt ist. Der Verdachtsjournalist befindet sich also doppelt im Irrtum.3 (Auskunft der Genossen des MfS zum Doppelagenten Albrecht)

Doppelt auch Albrechts Spiel. – Für jene Leser, die nicht über das nötige Hintergrundwissen verfügen, sich also annähernd auf dem Wissensstand des Staatsdieners Chaussy befinden, ist erläuternd zu erwähnen, dass sich Albrecht im Lauf der 70er-Jahre vom BND zunächst erpresserisch anwerben ließ und anschließend die Hoffmann-Gruppe in den Libanon dirigierte, genau in jenes Lager, in dem zuvor die RAF ihre militärische Ausbildung erhalten hatte. Albrecht inszenierte dann, wie auch die Genossen erkannten, als Ausbrecherkönig mit Hilfe des BND eine Flucht über die innerdeutsche Grenze.

Er war es, der Leuten mit Hilfe von Geheimdiensten “Spezialausbildungen” mit europäischer Perspektive angedeihen lassen wollte, und zwar im Auftrag des BND.

Dieser Mann, ein BND-Agent, der die Stasi vorzuführen versuchte, aber natürlich durchschaut war, bevor er zu seinen Vernehmungs-Lügen ansetzen konnte, war kein Mitglied der WSG-Ausland. Er war es, der wesentliche Teile jener Intrige, die sich ums Oktoberfestattentat rankt, in Szene setzte. Diese Dinge passen aber halt gar nicht in das Konzept des im Handyvideo dokumentierten Experten.

http://oktoberfest.arbeitskreis-n.su/verdachtsadel-im-verfall-kruecken-fuer-ulrich-chaussy-i/

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Auch Fromm hat da wenig bis gar nichts verstanden, was die Rolle der V-Leute nicht nur beim Oktoberfest-Attentat angeht, sondern beim Rechten Terror generell.

Ob auch weitere Fakten zur Rolle Hepps kommen, da darf man gespannt sein.

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Es ist alles so kompliziert: Der Sprengstoff I

Sommer 1981, Hausdurchsuchung auf Schloss Ermreuth

Am 16. Juni 1981 wird Karl Heinz Hoffmann, als Beschuldigter geführt im immer noch laufenden Ermittlungsverfahren zum Anschlag auf der Theresienwiese, am Frankfurter Flughafen verhaftet. Man konfrontiert ihn mit einem ganzen Bündel an teils schwersten strafrechtlich relevanten Vorwürfen, allerdings nicht zum Anschlag selbst. Er wird bis zum Jahr 1989 nicht mehr frei kommen und sich in einem jahrelangen Prozess, vor allem selbst, gegen die drohende lebenslange Haft juristisch zur Wehr setzen müssen.

Kurz nach dem Anschlag hatte man die Wohnungen von ehemaligen Mitgliedern der WSG durchsucht, darunter auch das Schloss Ermreuth, in dem Hoffmann zusammen mit seiner Frau lebte, wenn er sich nicht im Libanon aufhielt.

Die Ausbeute auf Hoffmanns Schloss Ermreuth fiel mit zehn Zündkapseln eher mager aus. Der Grund: Die Kripobeamten übersahen den dortigen Sprengstoff. Das erfuhren sie erst ein Jahr später – von einem Mann, der aus Hoffmanns Camp im Libanon geflohen war und nun in deutscher Haft saß: Es gab auf dem Schloss einen Sprengsatz in einem Einmachglas und mehr als ein Kilo TNT-Sprengstoff in Form eines Blumentopfes. Der Tippgeber berichtete, er sei aus Neugier kurz nach dem Anschlag zu Hoffmann gefahren. Bei der Gelegenheit habe Hoffmann ihn angewiesen, den Sprengsatz in den Hohlkörper eines Steins einzufügen und so zu verstecken. Mit dieser Beschreibung fanden die Beamten im Sommer 1981 ganz schnell, was sie suchten: Der Stein mit dem Sprengsatz lag mit anderen Steinen auf einem Haufen neben einem Baum. Den anderen Sprengstoff entdeckten sie in einer Scheune.“

So sollte das „Zeit Magazin“ fast 34 Jahre später berichten.

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(Renommiertes Hetzblatt aus Hamburg)

Für den Leser entsteht, sofern er nicht über das nötige Hintergrundwissen verfügt, aufgrund dieser Darstellung der Eindruck, Hoffmann habe in Ermreuth womöglich auf eigene Initiative hin Sprengstoff gelagert und dies in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Oktoberfestattentat. Die von den Massenmedien geschürte und von der Bundesanwaltschaft zu jener Zeit geschaffene Verdachtslage legt auch Jahrzehnte später, nach der Lektüre einer solchen journalistischen Erzählung, noch den Schluss nahe, Hoffmann könnte in das Oktoberfestattentat verwickelt sein.

Warum dieser Schluss sich dem Leser aufdrängen muss und in wessen Interesse solche Assoziationen stehen, warum der besagte Sprengstoff überhaupt bei Hoffmann landete, wer ihn dorthin lancierte und warum er genau zu jenem Zeitpunkt gefunden wurde, als Hoffmann in Haft war, soll Gegenstand der vorliegenden kleinen Serie sein.

Die Autorin des oben zitierten Artikels im „Zeit Magazin“ hält sich an anderer Stelle in jenem Text zugute, „freigegebene Akten“ zum Anschlag studiert zu haben, sowohl Ermittlungsakten der SOKO Theresienwiese als auch Materialien des MfS und andere ehemalige Verschlusssachen. Wie immer beim so genannten Rechtsterrorismus werden von den jeweils ausgesuchten Journalisten selbstverständlich nur jene Akten berücksichtigt, die Autor und Leser jene Verdachtsmomente suggerieren sollen, die von staatlicher Seite erwünscht sind. Andere Akten werden ignoriert; schließlich wurden sie ja auch nicht von den Behörden zur wohlwollenden Kenntnisnahme vermittelt; man hätte ja selber recherchieren müssen.

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(Aus dem Urteil des Landgerichtes Nürnberg in der Sache Hoffmann, 1986)

Aus dieser gerichtlichen Feststellung, die nach jahrelanger Beweisaufnahme und zahllosen Zeugenvernehmungen getroffen werden sollte, geht also klar hervor, dass ein gewisser Hans Peter Fraas den fraglichen Sprengstoff im zeitlichen Umfeld des Oktoberfestanschlags nach Ermreuth gebracht hat und dass Hoffmann dann in das Verstecken dieses Sprengstoffs eingewilligt hat.

Es ist also alles komplizierter, als das „Zeit Magazin“ erlaubt und die Autorin es zu „recherchieren“ imstande war. Die aus den Gerichtsakten ebenfalls deutlich hervorgehende Tatsache, dass die Explosivstoffe in Ermreuth keinesfalls mit den Explosivstoffen des Oktoberfestanschlags chemisch identisch sein konnten, ist die Autorin mangels Aktenkenntnis natürlich nicht imstande zu erwähnen. Sie verweist lediglich auf den banalen Umstand, dass die Akten jenen Explosivstoff, zu dem gar keine Anklage existierte, aufgrund seines “verrotteten” Zustands nicht mit der Münchner Bombe in Verbindung bringen.

Vom anklagerelevanten Sprengstoff spricht die Autorin nicht. Sie moniert dagegen, dass sich die Bundesanwaltschaft nicht sicher hätte sein dürfen, dass die verrotteten Fragmente einer Panzerfaust aus dem Zweiten Weltkrieg nicht doch irgendwie mit dem Anschlag zu tun haben könnten. Eine absurde Vorstellung, die allerdings als Verdachtstheorie präsentiert wird.

Weiter geht aus den Gerichtsdokumenten hervor, dass im Herbst 1980, kurz nach dem Anschlag, Fraas wohl kaum aus „Neugier“ zu Hoffmann gefahren sein kann, wie die Autorin behauptet. Jemand, der Sprengstoff mitgebracht hat und diesen später bei Hoffmann einmauert, tut dies kurz nach dem Anschlag nachvollziehbar kaum aus „Neugier“. Der so genannte Tippgeber Fraas, der im Sommer 1981 Hoffmann mit dem Hinweis auf den Sprengstoff kompromittiert, ist also keineswegs ein Zaungast, der so nebenbei dazu aufgefordert wird, Sprengstoff zu verstecken.

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(Aus dem Urteil des Landgerichtes Nürnberg, 1986)

Die Unterstellung, auch in einer Scheune sei „Sprengstoff“ gelagert worden, ist insofern unsinnig, als es sich dabei um den Teil einer Waffe handelte, zu der nicht einmal Anklage erhoben worden ist.

Man fragt sich angesichts einer solchen Sachlage, warum 34 Jahre nach diesem Sommer 1981 in einem vielgelesenen Artikel, der Deutungshoheit beansprucht, so weitreichende Unwahrheiten verbreitet werden müssen. Diese Frage stellt sich umso mehr, als schon der „Besuch“ des Mannes, der den Sprengstoff schließlich einmauerte, in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft des Anschlags als eine Handlung auffallen muss, die schwerwiegenden Verdacht auf jemanden wirft, der zu jener Zeit und bis heute Hintermann des Jahrhundertverbrechens sein soll.

Akten und Sprengstoff gibt man nicht so ohne weiteres heraus. Weder 1980, noch 1981, 2011 oder 2015.

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http://www.zeit.de/zeit-magazin/2015/09/oktoberfest-attentat-1980-pruefung

ZEITMAGAZIN NR. 9/201526. FEBRUAR 2015 — VON STEFANIE WASKE

Wen der Mossad alles so umbringt und wen nicht

Februar 2015, E-Mail aus Unbekannt

Nachdem schon vor Jahrzehnten intelligente Linke festgestellt haben, dass Nazis Pop sind, dürfen wir an dieser Stelle ruhig feststellen, dass heute sogar V-Leute Pop sind. Sie sind es umso mehr, als sie das selbst oft nicht wissen, es rückwirkend werden können und eine solche Enthüllung natürlich allerhand Vorteile für allerhand Leute mit sich bringt. Sogar post mortem können Sie zum V-Mann aufsteigen und dann nachträglich so cool aussehen wie dieser V-Mann hier:

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(falscher, von der Linken enttarnter cooler V-Mann mit Brille)

Inmitten dieses V-Mannchaos agieren die Enthüller; sie sorgen dafür, dass z.B. Leute, denen man die Kugel gegeben hat, oder die leider in irgend einer anderen Weise verstorben sind, mit der entsprechenden Farbigkeit ihrer angeblichen Tätigkeit in den Medien erscheinen. Der tote V-Mann wird dann zu einer Art organischen Corelli-CD oder menschenverachtendem Schnipselvideo.

So ein V-Mann ist als Unmensch wie eine Leinwand, auf die die Aktionskünstler der Geheimdienste jeden blutigen Kram ausgießen können, den sie brauchen. Phantasievoll entmenscht, könnte man sagen, verbindet die V-Mannpuppe das, was verbunden werden soll, damit das, was erzählt werden soll, erzählt werden kann.

Der Oktoberfestanschlag hat wie ein Pilzgeflecht unterirdische Ausläufer, die weniger mysteriös als einfach verboten oder tabu sind. An Spuren eines solchen Myzels findet man erlogene Gerüchte über Tote, ein paar erwiesene Morde, die als Wutausbrüche Verbündeter durchgehen, Falschbeschuldigungen und falsche Zeugenaussagen, Strafen und „weiche Maßnahmen“ aller Art. Dieses Geflecht verbindet den Oktoberfestanschlag zum Beispiel mit dem Attentat des „Schwarzen September“ auf die israelische Olympiamannschaft in München 1972. Die stinkende Spur ist kaum zu verkennen; bei der Beschäftigung mit ihr fragt man sich unwillkürlich, wann der nächste Desinformant auf den Plan tritt und sie mit einer passenden V-Mannenthüllung zu verfremden trachtet.

Atef Byseiso, Offizier des Sicherheitsdienstes der PLO, soll nach den neuesten passend gemachten Enthüllungen Informant des Bundesamtes für Verfassungsschutz gewesen sein. Der palästinensische Kämpfer war nach dem Tod von Abu Iyad wohl zum Chef des Sicherheitsdienstes aufgestiegen und hatte in dieser Eigenschaft nicht nur Freunde. Sowohl die Israelis als auch die Gruppe um Abu Nidal hatten etwas gegen ihn.

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(Atef Byseiso, 1948-1992)

Nach seinem Tod im Jahre 1992, nachdem ihn der Mossad ermordet hatte, muss man sagen, wurde Byseiso wenig überraschend von allen Seiten zum V-Mann gemacht. Für das Olympia-Massaker sei er mit verantwortlich gewesen, behaupteten die Israelis, und Jahre später „sickerten“ Informationen an deutsche Medien durch, er habe gar für das Bundesamt für Verfassungsschutz gearbeitet. Der Weg dieses Sickerwassers erscheint an dieser Stelle wenig erwähnenswert, wenn es sich auch um einen unappetitlichen Weg handelte. Im Februar 2015 startete man im „Focus“ einen neuen Versuch, diesmal mit garantiert echten Dokumenten aus Köln.

Das plötzliche historische Interesse der deutschen Medien ist erstaunlich. Freilich könnte man auch auf den Gedanken kommen, dass hier wieder einmal vorsorglich ein kleines Myzel beseitigt bzw. mit einem anderen, poppigen, überlagert werden sollte. Schließlich wäre es ja eine furchtbare Verschwörungstheorie, anzunehmen, dass der poppigste aller vorderasiatischen Geheimdienste dazu beigetragen haben könnte, dass ein gewisser Udo Albrecht für den BND gleichzeitig sowohl Byseiso abgeschöpft als auch die an dieser Stelle zu erzählende Oktoberfest-Intrige ins Werk gesetzt haben könnte. Und das bei einer Vergangenheit als Waffenbeschaffer für den „Schwarzen September“ und betreuter Ausbrecherkönig.

Anstatt die Abfallprodukte der staatlichen Desinformation zu genießen, kann man aber auch mit den Leuten reden; der poppigste der Dienste wird uns für ein Gespräch ja nicht ernst genug nehmen. Selber schuld; und plötzlich trudelt eine Mail aus Unbekannt ein, die hier unkommentiert wiedergegeben werden soll:

„Die PLO hatte kein Interesse an einer echten Feindschaft zu den BRD-Sicherheitsbehörden, trotz ihrer engen Verbindung zum MfS.

Nicht nur die DDR stand bei den Palästinensern hoch im Ansehen, sondern auch die wirtschaftlich viel potentere BRD, d.h. das ganze Deutschland!

Abdullah Frangi wurde ja auch nicht als Paria behandelt, sondern genoss bei vielen Politikern, vor allem der SPD, hohes Ansehen. Man begegnete ihm in Bonn und anderswo in der Republik mit Respekt. Nicht nur bei linken Solidaritätsveranstaltungen, sondern auch bei wichtigen Wirtschaftsverbänden war er als Vortragsredner gern gesehener Gast.

Atef war natürlich kein Verräter an der eigenen Sache, das halte ich ebenso wie Sie für absolut ausgeschlossen!

Aber es gab bei den Interessen der beteiligten Dienste (BND/VS u. PLO-SD) gemeinsame Schnittmengen:

Abu Nidal war nicht nur Todfeind der Arafat-PLO, sondern als Initiator von blutigen Anschlägen in ganz West-Europa, die gegen israelische und jüdische Einrichtungen gerichtet waren, Nr. 1 auf der Fahndungsliste westlicher Dienste.

Hier zu diesem Bereich Informationen auszutauschen, lag in beiderseitigem Interesse. Atef erhielt dafür die Gegenleistung, dass offizielle PLO-Vertreter problemlos in die BRD einreisen konnten und die Zusicherung, dass evtl. Informationen zu personengefährdenden Attentaten gegen die PLO vom BND/VS an ihn weitergegeben würden. Im Gegenzug verpflichtete sich Atef, ggf. Informationen über sicherheitsgefährdende Aktivitäten der Abu-Nidal-Gruppe an die BRD-Behörden weiter zu geben.

In Deutschland hatte die PLO genauso, wie in noch höherem Maße in Frankreich, in den Kreisen der Sicherheitsbehörden nicht wenige Sympathisanten. Das Vertrauen von Atef in seine BRD-Gesprächspartner war allerdings höchstwahrscheinlich ein tödlicher Fehler, denn diejenigen im BND/VS, die gleichzeitig Mossad-Agenten waren, meldeten ihre Erkenntnisse natürlich postwendend nach Hause. Dort wartete dann schon sein Exekutionskommando auf den Abmarschbefehl nach Paris.

Man kann davon ausgehen, dass der Geländewagen, den Atef in Deutschland kaufte und mit dem er anschließend nach Paris fuhr, schon längst mit einem Peilsender ausgestattet war.

Eventuell sollte Atef ja tatsächlich als Agent angeworben werden. Das wäre für die westlichen Dienste natürlich der absolute TOP-Treffer gewesen. Nach seiner Weigerung als palästinensischer Ehrenmann wurde er noch schmierig freundlich verabschiedet. Sein Todesurteil wartete aber dann schon auf baldige Vollstreckung.

So schätze ich die Sache ein.”

Biwakieren mit Gundolf Köhler: Kein Wuschelkopf

Published On Februar 13th, 2015 | By r

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Spätsommer 1981

Ein knappes Jahr nach dem Anschlag auf das Oktoberfest wird in Frankfurt am Main beim Hessischen Landeskriminalamt der ehemalige Vize-Unterführer der Wehrsportgruppe Hoffmann, Heinz-Arndt Marx (er sollte Jahrzehnte später in kurzen Hosen und Camouflage mit Ulrich Chaussy Fernsehgespräche führen) vernommen. Im Zentrum der Vernehmung steht die Frage nach der Bekanntschaft mit dem angeblichen Wiesn-Attentäter Gundolf Köhler aus der Zeit der WSG.

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Die Niederschrift dieser Vernehmung wirkt merkwürdig dürr; um 12 Uhr 30 unterbrach man denn auch die Vernehmung und bewirtete Marx mit einem Mittagessen.

Der ehemalige Wehrsportler war in seinem jungen Leben schon viel herumgekommen. Er hatte einige Jahre in der WSG gedient, später war er mit Hoffmann in den Libanon gegangen und hatte sich dort dessen Kampfgruppe angeschlossen. Wie Hoffmann und andere war er nach seiner Rückkehr aus dem Nahen Osten eingesperrt worden und man hoffte darauf, den Mann im Verfahren gegen Hoffmann zu einem nützlichen Zeugen machen zu können.

Dieser Marx hatte im Juli 1976 bei einer Übung der WSG Gundolf Köhler kennen gelernt. Man hatte gemeinsam biwakiert und sich bei dieser Gelegenheit ausgiebig unterhalten. Auf die Frage des hessischen Kriminalbeamten beschreibt Marx seine Erinnerungen an den jungen Burschen, der schon an seinem zweiten (und letzten) Tag mit einer selbstgebauten „Handgranate“, die freilich eher ein Böller gewesen sein wird, unangenehm aufgefallen war.

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Nachdem der „Chef“ zu seinem Ärger erfahren hatte, dass Köhler einen selbst gebastelten Knallkörper zur Fahrt am Übungsgelände mitgebracht hatte, ließ er den Neuling sofort von der Pritsche des Unimog absitzen. Köhler warf seinen Bums hinter eine Fichte, man ging in Deckung, lachte wohl einmal kurz und trocken. Von Splitterwirkung war keine Rede; das ganze war ein alberner Streich gewesen.

Wie es sich für junge Wehrsportler dazumal gehörte, unterhielt man sich nachts – Zelte waren nicht vorgesehen – über den unter Umständen bevorstehenden Bürgerkrieg in der BRD und diverse „politische Themen“, etwa die Bundestagswahl, das große Duell zwischen Schmidt und Kohl. Auch das schilderte Marx dem hessischen Beamten.

Dies alles wäre nicht der Rede wert, wenn Gundolf Köhler nicht Jahre später, zumindest im Bewusstsein der Öffentlichkeit, als dämonischer Massenmörder in Erscheinung getreten wäre. Man hätte besorgte antifaschistische Literatur daraus machen können, oder eine psychoanalytische Fallstudie.

Da es sich aber um Köhler handelte, fragte man Marx in diesem Herbst 1981, ob er denn den Köhler auch auf einem Lichtbild wiedererkennen würde. Schließlich legte man ihm genau jenes Foto vor, das Köhler als Wuschelkopf zeigt, jenes Foto, das Köhler angeblich so zeigt, wie ihn die Zeugen auf der Wiesn gesehen haben wollen. Das Foto mit dem typischen Wuschelkopf eben.

Und was geschieht?

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Marx erkennt Köhler nicht. Diese Person ist ihm völlig unbekannt.

Im Anschluss zeigt man Marx ein Bild Köhlers, das diesen mit kurzen Haaren zeigt, in jenem Zustand der Frisur, der auch am Tag des Oktoberfestattentats auf seinem Kopf zu beobachten gewesen war.

Marx erkennt Köhler sofort. Sofort ist er sich sicher, den jungen Mann zu kennen.

Eine Person wie Marx, der mit Köhler biwakiert hatte, ausführlich sprach und ihn im Gelände kennen lernen konnte, war also nicht in der Lage, Köhler mit seinem Wuschelkopf auf dem fast schon mythologischen Foto, das durch die Presse ging, zu erkennen.

Aber die Zeugen beim Wiesn-Attentat, die konnten das. Aus teils großer Entfernung, beim ersten Sehen, in einer Menschenmenge. Sahen sie einen Wuschelkopf, und Köhler war keiner.

Diese Zeugen haben einen anderen gesehen, nicht Gundolf Köhler; einen echten Wuschelkopf. Oder die Phantasie ist mit ihnen durchgegangen, wenn nicht Schlimmeres.

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Gundolf Köhler: Wuschelkopf und Phantom

Februar 2015

Die kollektive Erinnerung an den Bombenanschlag auf dem Münchner Oktoberfest ist auf das Engste verbunden mit der Aufnahme eines wuschelköpfigen Schülers, etwa 16 Jahre alt, Karohemd, Pullunder und verträumte Augen. Direkt nach dem Anschlag wurde diese Fotografie massenhaft verbreitet, über die damaligen „Revolverblätter“ Quick und Bild, aber auch über das damals noch staatsmonopolistische Fernsehen. Es handle sich um den Täter, hieß es damals, oder reißerischer: „Er legte die Bombe“.

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Dieser junge Mann machte allerdings bis zum 26.9.1980, dem Tag des Anschlags, wie jeder andere junge Mann auch, noch eine bemerkenswerte Entwicklung durch. Fest steht jedenfalls, dass er am Tag des Anschlags kurze Haare gehabt hat; sämtliche Aussagen angeblicher Tatortzeugen zu diesem jungen Mann, die sich explizit auf dessen Wuschelkopf beziehen, den Wuschelkopf als Merkmal hervorheben, sind also unbrauchbar, was noch zu belegen sein wird.

Das gilt vor allem für solche Aussagen, die angebliche Mittäter ins Spiel bringen und diese geheimnisvollen Mittäter kurz vor dem Anschlag als im Gespräch mit einem Wuschelkopf befindlich darstellen.

Wie immer, viel Käse dabei, bei den Zeugenaussagen. Das ist ganz normal.

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Wer war dieser Köhler?

Wie eine Litfaßsäule der Erinnerung ist Köhler im Laufe der Jahrzehnte mit Etiketten der diffamierenden oder willkürlichen Zuschreibung bedeckt worden. Da wir ihn nicht persönlich kennen, können wir hier nicht sein Wesen ausbreiten. Aber wir können die Etiketten eine nach der anderen ablösen.

Da ist zunächst die Legende von der „Mitgliedschaft“ Köhlers bei der „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Diese Legende wird heute von den zentral zuständigen Geschichtenerzählern des Oktoberfest-Attentats nicht mehr gar so offensiv vertreten, zumal man weiß, dass sie vor allem aus Unsinn besteht. Man nimmt es aber gern in Kauf, dass sich das Gerücht, oder wenigstens der sprachliche Rest eines Gerüchts in dieser Hinsicht hält.

Tatsächlich ließ sich Köhler 1976 von seinen Eltern zu einer Übung der WSG chauffieren und wiederholte seine Schnupper-Teilnahme ein weiteres und letztes Mal. Der „Chef“ der WSG konnte nicht umhin, dem Wuschelkopf die Haare zu schneiden; und ein Offizier der WSG rügte ihn für den albernen Knallkörper, den er zur Übung mitgebracht hatte. Eine Uniform erhielt er nicht, auch keine Mitgliedskarte. Danach war für Köhler Schluss mit WSG; er hatte sich mit dieser Aktion einen Eintrag im NADIS-System der deutschen Sicherheitsbehörden geholt und versuchte später, Hoffmann per Postpaket mit einer Flasche Wein zu beglücken, ja ihm brieflich die Gründung einer WSG-Filiale unter seiner Leitung anzutragen.

Beides irrsinnige Aktionen, denn Hoffmann rührte damals – nach eigenen Angaben auch heute noch – keinen Alkohol an und hätte einen frisch geschorenen 17-Jährigen, der unaufgefordert mit selbstgebauten Knallkörpern am Übungsplatz erscheint, nicht zum WSG-Offizier gemacht.

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(WSG-Vize-Unterführer Marx bei der Gesichtskontrolle)

Trotzdem hat man immer wieder versucht, Köhler als „Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann“ (Generalbundesanwalt Rebmann) darzustellen. Medien wie der Stern verwendeten dazu Bildmaterial wie das oben stehende Foto. Es kann nicht Köhler zeigen; die Körpergröße stimmt nicht, das wurde dutzende Male nachgewiesen, und wer Augen hat, zu sehen, erkennt, dass der Mann im Vordergrund des Bildes auch dem Gesicht nach anders aussieht als unser Phantom.

Wie auch immer, nicht nur Köhlers Gesicht besteht aus Phantom-Zügen, aus Lügen, Irrtümern und Erfindungen. Was kann man alles in den Charakter eines Menschen hineininterpretieren? fragt man sich bei der Lektüre des Abschlussberichts der Bundesanwaltschaft. Alles und nichts, möchte man antworten und stellt sich vor, selbst so beschrieben zu werden:

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Ein eiskalter Borderliner, der Rock-Schlagzeuger Köhler, möchte man ausrufen, und auch noch Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann! Bei näherer Betrachtung zerfällt alles zu Staub, was an „behördlichen Erkenntnissen“ über diesen Jungen vorhanden war. Am Ende wirft die Bundesanwaltschaft ihm gar vor, in seiner Schulzeit mit einer Spritzpistole und gefährlichem Zitronensaft seine Mitmenschen angegriffen zu haben. Eiskalt und gefährlich, fast so schlimm wie seine Silvesterböllerei und sein Interesse für „Sprengungen“ im Wald.

Sogar im Arbeitskreis NSU finden sich Leute, die in ihrer Jugend Wald- und Wiesensprengungen durchgeführt haben. Es bedeutet nichts. Nicht einmal, dass man Mitglied des Arbeitskreises NSU ist, der auch keine Mitgliedskarten ausgibt.

Was macht man mit dem Köhler und seinem dämonischen, in Wirklichkeit ausgesprochen banalen Charakter im Jahr 2015? Es bleibt nichts als der Verdacht, dass dieser vergleichsweise farblose junge Mann eine ideale Projektionsfläche war. Ein psychisch schwer beeinträchtigter „Zeuge“ will mit ihm regelmäßigen Geschlechtsverkehr gehabt haben; seine Eltern und anderen Verwandten fanden ihn unauffällig und nett; er wählte die Grünen und interessierte sich für den Schutz von Kulturdenkmälern in der Region.

Da gab es wohl auch Bekanntschaften zu stramm antikommunistischen Kräften, aber auch die sollen längst vor dem Anschlag abgeflaut sein. Über Zufallsbekanntschaften und verdeckte Verbindungen wissen wir noch nichts. Wir kennen Gundolf Köhler nicht und müssen uns um sein Bild bemühen, gegen die alten Klischees.

Die Schwäche des Terroristen: Anfang eines Rätsels

Frühjahr 1980

Der rechtsradikale Aktivist, ehemalige Terrorist und vielfach verurteilte Berufsverbrecher Udo Albrecht war im vergangenen Spätherbst aus einem Bochumer Gefängnis entlassen worden. Als alter Kämpfer der PLO, der Ende der 60er-Jahre die Infotische westdeutscher Fußgängerzonen gegen Stellungen arabischer Freiheitskämpfer vertauscht hatte, hatte er sich nicht nur im Nahen Osten hervorgetan. Auch die Operationen der PLO in Europa unterstützte Albrecht nach Kräften. Leider war dabei einiges schief gegangen.

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Als „Dr. Jäger“ hatte Albrecht sein Unwesen in der Schweiz getrieben, zahlreiche Konten und Waffenlager eingerichtet und dann die Chuzpe besessen, am Heiligen Abend 1970 mehrere Schuhkartons mit Sprengstoff durchs Berner Land zu chauffieren. Die weihnachtliche Verhaftung war gleichzeitig der Beginn einer Karriere als Ausbrecherkönig: Albrecht floh ab diesem Zeitpunkt immer wieder aus bundesdeutschen Gefängnissen.

Manchmal hatte er sein Glück kaum fassen können. Immer wieder gelangen waghalsige Ausbrüche, Handschellen waren abzuschließen vergessen worden oder die Öffentlichkeitsfahndung in der gefürchteten Sendung „Aktenzeichen XY“ führte die Bevölkerung auf falsche Fährten. Manches dunkle Ding, wie die Waffenbeschaffung für den Olympia-Anschlag, hatten sie Gottseidank nicht herausbekommen, wie es schien.

An einen besonders gespenstischen Moment erinnerte er sich gar nicht gern. Als er nach einigen aufgrund finanzieller Engpässe verübten Banküberfällen in eine Polizeikontrolle geriet, verhaftete man ihn nicht, obwohl die DPA am selben Tag eine reißerische Meldung über seine Verstrickung in die Pläne zur Befreiung der Stammheimer herausgegeben hatte. So viel Glück konnte man eigentlich im Leben nicht haben.

Immer wieder versuchte er sich, noch im Gefängnis, mit Tabletten den alten Schwung zurückzuholen, seine Liebe zu Deutschland und die Erinnerung an das freie Leben bei den Palästinensern. Jünger wurde er nicht mehr.

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Jetzt, nach der Entlassung, hatte er den Plan gefasst, ausrangierte Bundeswehr-LKW über den Weg des offiziellen Kraftfahrzeug-Exports zu den Palästinensern zu schaffen. Das sollte ein wenig Ruhe und Geld bringen. Der Herr Bruder war plötzlich zu Geld gekommen, und man pumpte ihn an, gar nicht nötig, eine weitere Bank zu überfallen.

Nach Silvester stand allerdings plötzlich ein ihm unbekannter Mann vor der Tür, der ihn unverblümt auf diese Pläne ansprach. Sein hartes Auftreten und der bedrohlich schleimige Unterton in der Stimme, aber auch das Wissen um alles, was Albrecht seit Jahren auf dem Herzen lag, machten jeden Widerspruch unmöglich. Der glatzköpfige Unbekannte schlug vor, Informationen aus dem Nahen Osten zu beschaffen; im Gegenzug sollten die Kraftfahrzeugtransporte unterstützt werden und man würde darauf verzichten, Albrecht die alten Geschichten vorzuhalten, bei denen er so großes Glück gehabt hatte.

Albrecht sollte auch einen gewissen Hoffmann auf solche Transporte ansprechen.

Der Privatdetektiv und Westentaschen-James Bond Werner Mauss war zu jener Zeit bestrebt, sein Äußeres zu ändern. Zu diesem Zweck hatte er sich unter Anderem Haare auf die Glatze transplantieren lassen, ein tarnendes Unterfangen, das Ende der 70er-Jahre noch durchaus als filmreif gelten konnte. Vergangenen Sommer war Mauss zum legendären „Chef“ der noch nicht  verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann, Karl Heinz Hoffmann, gefahren und hatte ihm angeboten, seinen Männern einen Drachenflug zu spendieren. Hoffmann hatte dieses Ansinnen angesichts des merkwürdigen Auftretens dieses spendablen Mannes abgewiesen.

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Nach dem Verbot der Wehrsportgruppe hatte sich Albrecht unter falschem Namen bei Hoffmann gemeldet und einen Fahrzeugtransport vorgeschlagen. Tatsächlich kam nie ein Geschäft zwischen den beiden zustande; aber Albrecht offenbarte sich Hoffmann und bot ihm Hilfe dabei an, Verbindungen in den Libanon zu knüpfen.

Weder Mauss noch Albrecht erklärten Hoffmann in diesem Frühjahr 1980, wohin die Reise gehen sollte. Zur PLO, zu den christlichen Falangisten, zu einer anderen der zahllosen Milizen und chaotischen Gruppen dort? Allerdings riet Albrecht Hoffmann, zu einem gewissen Anwalt in Recklinghausen zu gehen und dort Provisionsvereinbarungen über seine zukünftigen Geschäfte im Libanon zu unterzeichnen.

Dieser Anwalt war zufällig der alte Strafverteidiger von Albrecht, der so viele günstige Urteile für ihn herausschlug und ihm die Kontakte in den Nahen Osten verschafft hatte. Ein umtriebiger Mann mit guten Kontakten zur PLO und zu gewissen Stellen in der CSSR.

Ohne Titel

Der Vertrag regelte in einer kleingedruckten Klausel Hoffmanns angebliche zukünftige Geschäfte mit den Falangisten, wo Albrecht ihn doch zur PLO bringen sollte. Hätte man diesen Vertrag später an die Presse gegeben, wäre die PLO-Führung wohl nicht umhin gekommen, Hoffmann standrechtlich erschießen zu lassen.

In diesem März 1980 waren jene Akten des BND, die Hoffmann erst im Winter 2014/15 über das Fernsehen zu sehen bekommen sollte, und die ihn scheinbar als Kontaktmann italienischer Faschisten im Libanon und libanesischer Falangisten ausweisen, schon einige Monate alt.

Dabei kam alles ganz anders.

Das ist die Geschichte des Oktoberfestattentats. Als Erzähler treten auf: Überlebende, Protokollführer der Geheimdienste und der Gerichte, Schuldige und Unschuldige, Unbeteiligte. Wir widmen diesen Blog den Toten, denen, deren Leben durch den Staatsterrorismus vergiftet worden ist und den zu unrecht Verfolgten.